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beherrfhung die wohlthuende Schranke. Dagegen fand der
zuweilen (hüchterne, aus Friedensliebe zum Nachgeben geneigte
Melanchthon in Luthers unerfohlitterlidem Sinne mehr als
einmal den erwünfchten Halt. Wie fie das Herz und die
Hochactung verbunden Hat, fo war von Seiten Beider ein
inniges Zufanumenwirfen für den einen großen Zwed, jedoch
fo, daß Feiner feine Eigenthümlidhkeit aufgab, und jedem Die
befondere Anerkennung gebührt. ‚Man wird hier an 1. Korinth.
3, 6. erinnert, wo Paulus feine Thätigkeit mit der eines
Apollo vergleichend zufammenftellt, und fagt: id habe ge-
pflanzet, Apollo hat begoffen, aber Gott hat das SGedeihen
gegeben. Melanchthon war ein Sprachgewaltiger, Weiß man
die armfeligen Mittel feiner Zeit für die Nusbildung im Ele
mente der alten Sprachen, dann ift feine Sprachwiffenfchaft
zine an das Unbegreiflide grenzende Erjcheinung. Vorzüglich
zwei ftille, aber fortdauernde Siege hat er al8 Syrachkundiger
gefeiert; einmal durdy fein Mitwirken bei Luthers Neberfeßung
der heiligen Schrift aus dem Ehräifhen und Sriechifchen in
das Deutfhe, und dann dur Verabfafung des Augsburgi-
i%en Bekenninijfes. Diefe von ihm ateinifh gefchriecbene
Confeffion it nad Form und Inhalt ein Meifterwerk. Sie
ift jedo nicht blos ein Triumph feines wiffenfchaftlihen
Seiftes, fondern auch der Ausdruck feiner ureignen Ueber:
zZeUgUNg.
Reden wir von dem Manne einer großen: Vergangenheit,
dann Fönnen wir ung bekanntligH faum der Frage erwehren:
was würde er thun, Fäme er wieder? Er würde, ift die häu-
fige Antwort, ein ganz Anderer fein, als er gewefen: In
jener Frage Kicgt zunächft ein Widerfpruch, nämlich die Boraus-
fegung des Unmöglidjen. Jeder Menfeh ift eine Frucht, gereiff
am Baume feiner Zeit. Bedeutend ift eine Perfönlichkeit das
durch geworden, daß Umftände und Perfönlichkeiten auf. fie