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Ihn’ aıUlcdh ein Lied vom Seuer fingen,
Daß fie möchten an Gott verzagen,
Das heißt die Schaf int Becken jagen.
Man verfolgt und verjagt fie und verbrennt £uthers
Schriften, Aber nicht verzagen. dürfen die Bedrängten, Treibt
man {ie von einer Stätte, fo follen fie in eine andere ziehen,
aber bei Gottes Wort bleiben, eher Seib und Gut hingeben,
Denn die neue Lehre wird obfiegen.
Darumb ihr Chriften, wo ihr feid,
Ktehrt wieder aus des Dabftes Wifte !)
Zu unferm BSirten Jefu Chrifte;
Derfelbig ift ein guter Birt,
Bat fein Lieb mit dem Tod probiert,
Durch den wir alle fein erloft,
Der ift unfer einiger Troft
Und unfer einige Boffnung,
Gerechtigkeit und Seligung,
AM die glauben in feinen Namen,
Wer das hegehr, der fprehe Amen.
So war das Lied der Wittenbergifchen Nachtigall laut
über Berg und Thal in alle Lande erflungen. Einen wahren
Sturm rief es hervor. Denn es war aUS aller Herzen
gejprochen und zwar von einem Dichter, der die Sprache der
Herzen und die Sprache des Dolfes Fannte. Was uns vielleicht
an dem Gedichte nicht fo ganz behagt, die weitausgefponnene
Allegorie, das eben war damals nach aller Gefchmad, Und
es war alles fo genau und deutlich gefchildert, daß man gleich:
fam mit dem Singer auf die einzelnen Perfjonen, die in aller
Munde waren, hindeuten Fonnte.
Mit einem Bolzfchnitt der von einem Baume herab
fingenden Nachtigall, der Sonne und des Mondes, des Löwen
und der. Schafherde mit ihren Bedrängern gefchmückt, ging
das Büchlein hinaus in Stadt und Land, überall fich S$reunde
werbend. Bald war der erfte Druck vergriffen, fo Lebhaft
war die Nachfrage bei den vielen Buchführern, die es feil
hielten. Allein im Jahre 1523 läßt es fich in 6 verjchiedenen
Druden von Nürnberg, Zwickau und Eilenburg nachweifen.
Diefes Sedicht machte durch feine allgemein verftändliche und
1) TDüite.