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nommenen Spielraum muß die dramatifche Entwidlung in den
Hintergrund treten, anftatt eines einheitlichen Schaufpiels werden
einzelne Bilder vorgeführt, die oft nur in einem lofen Zufam:-
menbhange {itehen.
Die Naivetät der Darftelung tritt auch darin hervor,
daß die ganze Handlung hiftorijcher Stücke fich im Gewande
und Charakter der Zeit des Dichters abipielt. Gefchichtliche
oder archäologifche Genauigkeit machte damals Dichtern wie
Malern nach diefer Richtung hin wenig Sorge. Sie ftellten
dar, was fie im Leben fahen, und hatten dabei den großen
Vorteil, daß fie natürlich bleiben Fonnten und fich nicht zu
Aufgaben verftiegen, denen fie nicht gewachfen waren.
Tragödie wie Komödie werden gewöhnlich durch den
Ehrnhold eingeleitet und abge{chloffen, in den geiftlichen Schau
{pielen tritt zuweilen ein Engel an feine Stelle. In den
Komödien begegnet auch hin und wieder die Iuftige Perfon,
„Säle“ oder „Häckhlein“, der Narr, der in den Saftnacht:
{pielen häufiger vorkommt.
Don der außerordentlichen Naivetät und Urfprünglichfkeit
der damaligen Auffaffung und Suftände geben die Ermab:
nungen eine Norftelung, die der Ehrnhold zur Herftelung der
Rube und Aufmerfamfeit an das Dublikum richtete, z. B.:
Nun fhmweiget ftill und habet Ruh
Da tritt des Bauern Weib hHerzu.
un höret, was fie faaen thu!
oder:
dder:
Seid fill mit Worten und Gebärd,
Auf daß keiner verirret werd!
Das wird freundlich von euch beaehrt.
Nun hört und fhmweigt dem Spiele zu,
Auf Wort und Werk, wie, mo. und wu?)
Sich alle Sach verlaufen thu.
Nicht minder naiv i{ft der Schluß der Ankündigung des
Ehrnhbolds in der „DMirainia“:
1) mu, — dialektifche NMebenform von ‚wo‘. Wo und wu — Wort
{pieleret.