Full text: Berichte über die Bayerische Landes-Industrie-, Gewerbe- und Kunst-Ausstellung zu Nürnberg 1882

und demnach an jeden Punkt des Radius der Scheiben d und d zu bringen 
sind, so wird dadurch erreicht, dass die Geschwindigkeit des Drahtes oder 
Gespinnstes während des Ganges zwischen 10 und 500 » per Minute variiert 
werden kann. 
10. Nähmaschine. Wenn schon in der ersten Hälfte unseres Jahr 
hunderts das Bedürfnis vorhanden war, die Handnäherei durch Maschinen: 
näherei zu ersetzen und in Folge dessen eine Menge von Versuchen ge 
macht wurde eine Nähmaschine zu konstruieren, so kann man die Erfindung 
derselben doch erst von dem Augenblicke an rechnen, als der Amerikaner 
Howe (1845) auf den Gedanken kam, der Nadel das Oehr an der Spitze zu 
geben. Dadurch entstand eine ganz neue Basis für die Erfinder, indem es 
bei Anwendung dieser Nadel und ihrer kurzen Bewegung nicht mehr not- 
wendig war, zur Bildung einer Naht den ganzen Garnvorrat, nebst Nadel 
durch das zu nähende Zeug hindurch zu bringen. Auf dieser Basis bildeten 
sich denn auch schnell Konstrukteure aus und unter diesen in erster Linie 
Isaac Singer, der schon 1851 ein Patent auf eine Nähmaschine erwarb, die 
in den Grundzügen die Einrichtung der Howe’s Maschine zeigte. Die grosse 
Energie Singer’s und die schnelle Verbreitung seines Namens schaffte ihm 
bald Geltung und Uebergewicht, und so entstand die ‚„Singer-Nähmaschinen- 
Fabrik‘ als die erste dieser Art (1853). Gleichzeitig mit Singer, der zum 
Durchbringen des zweiten, Naht bildenden Fadens eine kleine Weberschütze 
(Schiffchen) benutzte, traten dann Wheeler und Wilson (1851), sowie Grover 
und Baker (1851), die ersteren mit den sog. Greifern, die letzteren mit 
einem eigentümlich geformten um eine vertikale Achse schwingenden Haken 
zur Bildung des sog. Doppelkettenstichs, und später Wilcox und Gibbs (1860) 
mit einem drehenden Haken zur Bildung des Kettenstichs auf. Von diesen 
zugleich vier Systeme bildenden Nähmaschinen haben diejenigen von Singer 
und von Wheeler-Wilson sich am schnellsten und umfangreichsten einge- 
bürgert, wie daraus hervorgeht, dass die „Singer-Manufaktur‘“ im Jahre 1874 
nicht weniger als 241,679 und Wheeler-Wilson 92,827 Nähmaschinen fabri 
zierte. Am vielseitigsten in ihrer Anwendung zeigt sich übrigens die 
Schiffchenmaschine, da sie für alle Arbeiten brauchbar ist, während die 
Greifermaschine sich nur für leichtere Arbeit eignet; deshalb ist die Schiff 
chenmaschine nicht nur allgemeiner in Gebrauch gekommen, sondern auch 
am vollkommensten ausgebildet. 
Zwischen der Zeit, in welcher die Nähmaschine in Deutschland noch 
als Kuriosum auf Jahrmärkten gezeigt wurde, und heute liegt kaum mehr als 
ein viertel Jahrhundert, und doch hat diese Maschine schon eine Macht ent- 
faltet, wie wohl kaum eine andere, denn in welchem Hause fehlt jetzt wohl 
eine Nähmaschine? — In demselben Masse ist aber auch die Nähmaschinen 
Fabrikation in Deutschland fortgeschritten. Der Bau dieser Maschinen be 
gyann in Deutschland (1854) in Berlin und Leipzig, entwickelte sich aber
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.