Objekt: Beiträge zu Dürers Weltanschauung

51 
in die beiden grossen Parallelreihen der sieben freien und sieben 
mechanischen Künste zieht sich dann durch das späte Mittelalter 
hindurch bis weit in Dürers Zeit hinein und noch darüber hinaus. 
An litterarischen Quellen aus Dürers Zeit nenne ich nur den schon oben 
im 2. Kapitel einmal erwähnten „Spiegel des menschlichen 
Lebens“ von Rodericus von Zamora, der seit Steinhöwels 
deutscher Uebersetzung vom Jahre 1475 fortwährend neue deutsche 
und andersprachige Ausgaben erlebte, und die „Margaritha 
philosophica“ des Gregor Reisch, deren grosse Ver- 
breitung uns ebenfalls bereits bekannt ist. 
Dürer konnte also ohne weiteres auf das Verständnis der weites- 
ten Kreise rechnen, wenn er eine Darstellung der vereinigten freien 
und mechanischen Künste schuf, deren Abzeichen ohnehin jedem ver- 
traut waren, denn seit Jahrhunderten hatte die bildende Kunst immer 
und immer wieder diese Vorstellungskreise zur Anschauung gebracht. 
Darstellungen der Philosophie mit den sieben freien Künsten und 
ihren Hauptvertretern wird man vermutlich schon aus dem Denk- 
mälerschatze der Antike mit samt dem ganzen Einteilungssysteme 
übernommen haben. Jedenfalls sind uns aus der im wesentlichen 
die Antike reproduzierenden karolingischen Zeit eine ganze Reihe 
Beispiele wenigstens litterarisch erhalten. Sowohl im Palaste Karls 
des Grossen zu Aachen, wie in der Kaiserpfalz zu St. Denis waren 
die sieben freien Künste mit ihren Vertretern in Wandgemälden 
verewigt. Auch von einem solchen Gemälde im Palatium des Klosters 
von St. Gallen haben wir Nachricht in einer poetischen Beschreibung 
des 9. Jahrhunderts. Eine wohl auch aus der Antike vererbte 
Liebhaberei der karolingischen Zeit war es, runde Tischplatten 
mit Bildern der Philosophie und der sie umgebenden sieben freien 
Künste zu bemalen. Bischof Theodulf von Orleans (7 821) 
beschreibt uns ausführlich einen solchen Tisch und aus der Hin- 
terlassenschaft Karls des Grossen sind deren mehrere bekannt. 
Von dieser Zeit an sind uns dann aus allen Jahrhunderten des 
Mittelalters zahlreiche Darstellungen dieses Thema’s erhalten, deren 
ikonographische Zusammenstellung eine ganz dankbare Arbeit wäre.! 
1 Ausser den oben genannten Aufsätzen von Baumgarten 
und J. v. Schlosser sei noch verwiesen auf die Materialsammlung 
von Clemen. Zeitschr. d. Aachener Gesch. Vereins XI, 1880.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.