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Parteien zum ersten Male ihre Kräfte miteinander maßen, war auch
Nürnberg mit einigen Truppensendungen beteiligt (1610). Ein all—
gemeiner, ganz Deutschland umfassender Krieg wurde damals jedoch
noch glücklich verhindert.
Der Herbst 1611 sah einen prunkvollen kurfürstlichen Kollegialtag
in Nürnbergs Mauern (auf dem die Wahl eines neuen römischen Königs
beschlossen wurde), der Sommer 1612 den noch prächtigeren Einzug
des Kaisers Matthias (S. 925). Auf den vielen Unions- und Kreis—
tagen (Beratungen der Stände des fränkischen Kreises), auf den „Münz—
Probationstagen,“ die die berüchtigte Kipper- und Wipperzeit nötig
machte, auf den verschiedenen Städtetagen, die immer noch wie im
Mittelalter von Zeit zu Zeit stattfanden, hatte auch Nürnberg fast
stets seine Gesandten dabei und manche dieser Versammlungen wurden
in der Stadt selbst abgehalten. Doch wurde auf diesen Tagen bei
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aum etwas Ersprießliches geleistet.
Der durch die Bedrückungen der evangelischen Religion hervor—
gerufene böhmische Aufstand von 1618 war das Signal zu dem blutigen
Zriege, in dem auch Nürnberg sein vollgerüttelt Maß an Leiden zu
kosten bekommen sollte. Die Politik der Reichsstadt während desselben
var die alte kleinmütige, uns aus den Wirren der Reformationszeit
hinlänglich bekaunte: Möglichste Bewahrung der Neutralität, Vorsicht
und Behutsamkeit nach beiden Seiten hin, um es mit keiner der krieg—
führenden Parteien zum offenen Bruche kommen zu lassen, Gefügigkeit
gegen den Sieger, vor allem aber so lange es irgend anging, demütige
Nachgiebigkeit gegen den Kaiser. Dies zeigte sich bereits 1619, als
nach dem Tode des indolenten Matthias der in der Schule der Jesuiten
zu einem starren und unbeugsamen Verfechter des katholischen Glaubens
herangebildete Ferdinand II. mit der römischen Kaiserkrone geziert
wurde. Nur höchst ungern wollte der Rat den böhmischen Ständen
Werbungen in seinem Gebiet gestatten und lange zögerte er, den von
ihnen zum König gewählten Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz
in seiner neuen Würde anzuerkennen. Doch da die Stadt vorläufig
noch der Union angehörte, mußte sie es sich schon gefallen lassen, daß
im November 1619 ein sehr zahlreich besuchter Korrespondenztag der
evangelischen Stände in Nürnberg abgehalten wurde, zu dem u. a. auch
der neue böhmische König sich einfand. Indessen auch der Kaiser
hatte einen Gesandten geschickt, den Grafen Johann Georg von Hohen—
zollern, dessen Friedensbeteuerungen es auch wirklich gelang, die Union
zu der Zusage völliger Parteilosigkeit in den böhmischen Händeln zu
hestimmen. Und zumal dem Nürnberger Rate machte der Gesandte