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Wohle muß sich das Privatinteresse unterordnen. Das haben auch andere
Erwerbsstände längst tun müssen; der Nahrungsmittelhersteller und Ver—
äußerer unterliegen bekanntlich einem scharfen Kontrollgesetze; der Schank—
wirt darf nur in geeichten Gefäßen schenken, obgleich man sich wohl Fälle
denken kann, wo ein Abweichen von dieser Regel nicht als unvernünftig
erscheinen würde; der Hersteller und Vertreiber von Handfeuerwaffen darf
diese nur nach einer amtlichen Prüfung und Bestätigung der Tauglichkeit
veräußern. Ehenso wird es nicht unbillig sein, wenn man dem Futter—⸗
mittelverkehr die Vorschrift auferlegt, daß nur iatsächlich verwertbade Er—
zeugnisse geliefert werden dürfen.
Zusammenfassend möchte ich nun für die fernere Bearbeitung dieser
Sache folgende Leitsätze aufstellen:
1. Die Tatsache, daß Fälschungen von Futtermitteln in erheblichem
Umfange vorkommen, ist ebenso unbestreitbar wie die Erfahrung, daß es
nur in wenigen Fällen gelingt, solche Fälschungen angemesfen zu ahnden.
2. Es erscheint deshalb notwendig, gegen die Mißbräuche im
Futtermittelverkehr ein Sondergesetz zu schaffen, weil die allgemeinen Be—
stimmungen des Betrugsparagraphen und des Gesetzes zur Bekämpfung
des unlauteren Wettbewerbs nicht ausreichen.
3. Der oberste Grundsatz eines solchen Sondergesetzes muß die Be—
stimmung sein, daß jede Fälschung von Futtermitteln strafrechtlich ge—
ahndet wird, ohne Rücksicht auf die Beweggründe zur Fälschung und ohne
Rücksicht auf ihre Folgen, sei es für das Vermögen des Käufers, seies
für die Gesundheit des Viehes.
4. Besondere Bestimmungen müssen den fahrlässigen Verkehr mit
gefälschten Futtermitteln ordnen und ferner die Fälle, daß gefälschte
Futtermittel von einer Person vertrieben werden, die ohne persönliches
Verschulden und ohne Fahrlässigkeit von der Verfälschung der Futtermittel
nicht unterrichtet war.
5. Das Strafsystem des Gesetzes soll sich dem des Nahrungsmittel—
gesetzes anschließen, insbesondere müssen Freiheitsstrafen und Bußen vor—
gesehen werden.
Ich schließe mit dem Wunsche, daß es den Bemühungen des Ver—
bandes Deutscher Müller gelingen möge, auf dem Gebiete des Futter—
mittelhandels bessere Zustände zu schaffen. (Bravo!)
Herr Vorsitzender van den Wyngaert: Ich gebe nunmehr das
Wort Herrn Winter-Hamburg als Korreferenten.
Herr Ph. Winter-Hamburg: M. H., als mir die Tagesordnung
für die Versammlung in Nürnberg zuging, war ich gleich bereit, hierher
zu kommen, in dem Gefühle, hier früher geschlossene Bekanntschaften
wieder befestigen und neue schließen zu können. Nachdem die Süd—
deutschen dem Rufe, nach Hamburg zu kommen, so gern gefolgt sind,
hielt ich mich für verpflichtet, den Besuch zu erwiedern, und ich habe es
nicht zu bedauern, und ich hoffe, daß Sie es nicht zu bedauern haben,
wenn ich Ihre Aufmerksamkeit auf wenige Minuten in Anspruch nehme,
nachdem Sie so lange Reden haben über sich ergehen lassen müssen. Ich