Volltext: Geschichte der Stadt Nürnberg von dem ersten urkundlichen Nachweis ihres Bestehens bis auf die neueste Zeit

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bestimmt, „eine vernünftige und geschickte Person, Maun oder Frau 
die da wohl lesen und schreiben könne, zu bestellen, um den Unterricht 
in der Religion und in diesen Dingen zu erteilen“. Erst im Jahre 
1756 kam auch das Rechnen hinzu. Die Beschäftigung der Kinder 
bestand hauptsächlich in Handarbeiten und zwar wesentlich im Dienste 
des Hauses selbst. Die Knaben mußten Futter herbeischaffen, beim 
Heuen, beim Hüten des Viehs mithelfen, Holz spalten und austragen, 
die Straßen kehren, Flinderlein anhängen, Federkiele abschaben, Federn 
zupfen, Wolle und Baumwolle spinnen u. dgl. mehr. Die Mädchen 
trugen die Milch aus und verkauften sie, wurden zum Nähen, Flicken, 
Stricken, Strümpfeverstopfen, Spinnen u. s. w. angehalten und betei— 
ligten sich gleichfalls bei den verschiedenen Haus- und Küchenarbeiten. 
Die Knaben kamen und kommen noch mit ihrem dreizehnten Jahre in 
der Regel zu einem Handwerksmann in die Lehre. Auch hier noch 
wurden sie von der Anstalt aus vielfach unterstützt. Die Mädchen 
blieben nach ihrer Konfirmation noch ein bis zwei Jahre, um sich in 
häuslichen Arbeiten zu vervollkommnen, und wurden dann als Dienst— 
boten verdungen. 
Die Vermögensverhältnisse der Findel waren anfangs ziemlich 
zünstige. Die Findel hatte u. a. die Nutznießung der Weide und des 
Heus im Stadtgraben, mit Ausnahme der Strecke vom Frauenthor 
bis zum Pegnitzeinfluß, wo Hirsche gehalten wurden. Dann gehörte 
ihr auch der Reinertrag aus dem Verkauf der „Misten“, der Dünger— 
und Kothaufen auf den Straßen. Zu den Stiftungen und Vermächt— 
nissen kam dann noch der Verdienst der Kinder. Später aber wurden 
die Mittel immer geringer, da das im Jahre 18525 für die Verwaltung 
der eingezogenen Klostergüter gegründete Landalmosenamt, das in dem— 
selben Jahr auch mit der Vereinnahmung der zur Findel gehörigen 
Gülten und Renten betraut wurde, diese so gut wie gar nicht mehr 
auszahlte. Dies geschah schon seit 1560, doch erst mit dem dreißig— 
jährigen Kriege mußte die Zahl der Findelkinder, wie wir gesehen 
haben, erheblich beschränkt werden. Unter den Stiftungen für die 
Findel sei hier übrigens noch derjenigen der Elisabeth Kraußin gedacht, 
die in ihrem Testamente von 1689 eine Summe ausseßte, damit den 
Findelkindern jährlich am Johannistage in ihrem Stiftungshause eine 
reichliche Mittagsmahlzeit verabfolgt wüürde. 
Das Andenken der Wohlthäterin zu ehren, ziehen die Findelkinder 
noch jetzt am Johannistage in festlichem Zuge nach dem Rochuskirchhof. 
Da kommen sie denn auch an dem Eckhause bei der Karlsbrücke vorbei, 
wo das Männlein fleißig wie immer in den Mörser stößt. Das Volk 
erzählt sich, diese Figur stelle einen Apothekerlehrling vor, der in der
	        
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