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Bewußsein: wir Direktoren der Großbanken sind die Leiter des Unter—
nehmungsgeistes der Nation. Dr. von Siemens hatte sehr recht, das
zu sagen: denn die deutsche Bank hat 1870 mit 15 Millionen Kapital
begonnen und heute beträgt die gesamte Syndikatsherrschaft der deutschen
Bank über 41,, Milliarden Mark. Ich habe vor ganz kurzer Zeit in
München die Klage gehört, daß infolge dieser Fusionen im Bankkapital
in Bayern für größere Unternehmungen nur noch sieben Kreditgeber sind.
Das geht noch eine Zeitlang und dann kommen wir dahin, wie es in der
Bibel heißt: „Und die Geldfürsten von Juda und Israel regierten das
Land und der König hatte wenig mehr zu sagen“. (Große Heiterkeit.)
Das gilt von der ganzen Volkswirtschaft und das gilt speziell auch
von Ihrer Mühle. (Sehr richtig!) Wenn ein großer Kapitalist zu der
Anschauung kommt, es ist von Vorteil, in Aschaffenburg, wenn der Kanal
noch weiter gebaut ist, eine große Mühle, eine mit einer täglichen Pro—
duktion von 600, meinetwegen 1000 Tonnen Getreide, zu bauen, dann
hat der Mann das Recht, hinzugehen und die Mühle zu bauen mit
1000 Tonnen Tagesproduktion, und ob dabei Tausende von Müllern zu—
grunde gehen oder nicht, das ist gleichgültig. (Sehr richtigl) Wenn wir
aber zu dem Schlusse kommen, zu fordern, daß das geändert werden
müsse, dann müssen wir die Dinge nehmen, wie sie liegen, und an dem
Grundsatze festhalten: „Die freie Konkurrenz muß beseitigt werden!“
Da möchte ich nun gerade unter dem Hinweis, den wir gehört haben:
„Müller seid einig!“ davor warnen, sich gegen einzelne Personen zu
wenden, die unter dem heute geltenden Rechtszustand etwas getan oder
erworben haben. Die Personen mögen uns persönlich nicht so ganz sym—
pathisch sein, wir haben aber keinen Grund, gegen die erworbenen Rechte
einzelner Personen vorzugehen. (Sehr richtig) Und weil wir keine
UÜberproduktion in Getreide und Mehl haben, sind wir in der Lage, zu—
sammen zu arbeiten, ohne daß die Frage: ob wir zusammen arbeiten
können? in ihrer Beantwortung nach meiner Ueberzeugung gestört wäre
durch diejenige Sympathie oder Antipathie, die man da und dort wenigstens
in Müllerkreisen gegen Großunternehmer hat. Lassen Sie sich durch solche
Empfindungen nicht irre machen, sondern halten Sie daran fest: der ver—
stopfte Rechen ist die sog. freie Konkurrenz und die muß beseitigt werden;
denn das ist die wirkende Ursache aller Mißstände. So lautet der rein
objektive Standpunkt, den wir zur Wiedergesundung des Müllergewerbes
einnehmen müssen.
M. H., wenn wir nun die Frage aufwerfen, wie die freie Konkurrenz
beseitigt werden kann? (Zuruf: totschlagen!! — das wäre zu radikal, ich
will von diesem anarchistischen Standpunkte keine Notiz nehmen (Geiter—
keit), ich will mich aber zum sozialistischen Standpunkt wenden; dann
kommen die Sozialisten und sagen: na Kinder, da seid ihr endlich auf
dem Standpunkt, auf dem wir euch haben wollen, das Müllergewerbe
muß verstaatlicht werden! Ich werde mich mit diesen Theorien nicht lange
beschäftigen, um hier meinerseits auf das entschiedenste nach der ganzen
Durchdenkung sozialistischer Theorien die Überzeugung zu vertreten, daß
wir an der Beibehaltung des Privateigentums an den Mühlen nicht zu
rütteln haben. (Sehr richtig! Wohl aber müssen wir etwas tun, was