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ansammlungen gewarnt, wie denn auch die Geistlichen ermahnt wurden,
nicht über eine halbe Stunde zu predigen. Bei der Spendung der
Sterbesakramente sollen auch keine Leute — es waren hauptsächlich
Kinder, die sich dazu drängten — in die Häuser der Sterbenden ge⸗
lassen werden, ferner sollten die Totengräber alle unnützen Zuschauer
von den Gräbern treiben. Die Bader dürfen nur zwei oder drei
Tage in der Woche ein Bad richten. Die Sitzungen des Stadt- und
Bauerngerichts und anderer Ämter wurden eingestellt. Die Kleider
und Gewänder der Gestorbenen dürfen ja nicht verkauft werden, leinenes
Bettzeug, das zum Gebrauche der Kranken gedient hat, darf nur vor
der Stadt gewaschen werden. Merkwürdig, daß man daneben immer
noch gestattete, den Mist, wenn auch nicht wie gewöhnlich acht Tage,
aber doch wenigstens drei Tage lang auf der Straße liegen zu lassen.
Erst nach Ablauf dieser Frist hatten die Stadtknechte das Recht, die
Übertreter der Verordnung in Strafe zu nehmen.
Die Ratschläge der Ärzte, wie sie z. B. in einem 1520 erschienenen,
vom Rate empfohlenen Büchlein „Ein kurtz Regiment auß vil treffent—
lichen zusammengebrachten tractaten verstendiger artzt gezogen, wie sich
zu zeiten der pestilenz zuhalten sey,“ enthalten sind, gehen wie die
Verordnungen des Rats gleichfalls von der Vorstellung aus, daß die
schlechte, übelriechende Luft der eigentliche Träger der Ansteckung sei.
Darum ist die Nähe des heimlichen Gemachs, der Ausgüsse, überhaupt
aller übelriechenden Orte zu vermeiden. Seinen Aufenthalt soll man
womöglich in recht luftiger Gegend nehmen. Ein jeder soll in seinem
Hause recht häufig Feuer anzünden, „die bösen tempff und lufft damit
zu reinigen.“ Es wird —DDD—
abreichung der Sterbesakramente sich dadurch mit Erfolg schützten,
daß sie „ein dick zusammen geflochten wachsslicht“ angezündet und vor
den Mund des Kranken gehalten hätten.
Außer durch Feuer soll die Luft auch durch Räuchern mit wohl—
riechenden Pulvern gereinigt werden. Wenn man ausgehe, was an
nebligen und feuchten Tagen möglichst zu vermeiden sei, so soll man
Gesicht und Hände mit Rosenwasser änfeuchten, dem ein starker, Rosen⸗
oder Malmasieressig“ beigemengt sei. Kampfer, Angelika u. a. m.
AV Schwere Speisen soll
man vermeiden, Obst und kräftige Gewürze werden empfohlen. Den
von der Krankheit ergriffenen suchte man vor allem das böse Gift aus
dem Körper zu bringen durch Aderlässe, Schröpfköpfe, Purgiermittel
u. a. m. Als besonders wirksam galten gewisse schweißtreibende Mittel,
Mithridat und Theriak, der auch äußerlich als Pflaster angewendet
wurde, und andere, wahrhaft höllische Latwergen. Interessant ist, daß