5268 —
F
mehr betragen haben, als im Jahre 1806 bei dem Aufhbren der
reichsstädtischen Freiheit, zu welcher Zeit man 3284 Häuser und bei—
läufig etwas über 25 000 Einwohner zählte. Höchst merkwürdig übrigens
bei der Zählung in dem Kriegsjahre 1449 /50 ist das erstaunliche
Übergewicht der weiblichen Personen. Es verhalten sich danach Bürger
und Bürgerinnen wie 100: 118, Knechte und Mägde wie 100: 121,
während die Verhältniszahlen der beiden Geschlechter im heutigen
deutschen Reich im Durchschnitt etwa 100 und 108,9 betragen.
Ähnliche abnormen Zahlen haben sich übrigens auch für Basel (100
: 120) und z. B. auch für Rostock ergeben, so daß man wohl berechtigt
sein dürfte, die Lage der Frauen im Mittelalter, was die Verehelichungs⸗
möglichkeit anbetrifft, für eine noch sehr viel weniger erfreuliche zu
halten, als sie es in manchen Beziehungen heute ist. Freilich spricht
eine Reihe von Überlegungen dafür, daß das Mißverhältniß wohl doch
nicht ganz so schlimm war. Es werden mehr Mägde vom Lande in
die Stadt gezogen sein, daselbst zu „dienen“, als Knechte, und in der
Zahl der Bürgerinnen versteckt sich offenbar eine höhere Ziffer jüngerer
Jahrgänge, als bei den Bürgern. In Nürnberg erwarben die erwachsenen
Söhne erst im Alter von 25 Jahren das Bürgerrecht, von den Frauen
wurden aber sicherlich alle diejenigen bereits als Bürgerinnen gezählt,
die — und ihrer gab es doch gewiß eine große Menge — noch vor
dem fünfundzwanzigsten Lebensjahre heirateten. Immerhin bleiben die
Verhältniszahlen höchst auffallend, so daß man zu ihrer Erklärung die
auch heute noch bestehenden Ursachen zur Verminderung der männlichen
Kopfzahl für die damalige Zeit in weit stärkerem Maße heranziehen
muß, Kinderkrankheiten, Gefahren der Berufsthätigkeit, Kriege u. a. m.
Nicht weniger befremdend ist die geringe Durchschnittszahl der Kinder,
nämlich 1,64 auf den Bürger, woraus man natürlich auch auf eine
sehr geringe Durchschnittszahl auf die Ehe schließen darf, auf die heute
in Frankreich 3,46 in den Niederlanden 4,88 Kinder gerechnet werden.“)
Dem steht nicht entgegen, daß die Ehen der Bürger durchschnittlich
sehr reich mit Kindern gesegnet waren. Um ein Beispiel anzuführen,
hatte Albrecht Dürer's Vater von einer einzigen Frau achtzehn Kinder.
Aber die Sterblichkeit der Kinder muß damals eine weit größere ge—
wesen sein, wie heutzutage. Der Nürnbergische Ratsherr Anton Tucher,
dem wir ein als höchst wertvolle Quelle zu schätzendes „Haushaltbuch,“
verdanken, hatte elf Kinder, von denen sechs gleich nach der Geburt
starben. J
—;GREERR
— —
) SBgl. darüber, wie über die ganze Frage Jastrow, J., die Volkszah.
deutscher Städte zu Ende des Mittelalters und zu Beginn der Neuzeit. (Distorische
Untersuchungen. Heft 1.) Berlin, 1886.