Volltext: Geschichte der Stadt Nürnberg von dem ersten urkundlichen Nachweis ihres Bestehens bis auf die neueste Zeit

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dem Volke zur Verehrung gezeigt wurden. Im Jahre 1400 wurden sie von 
Wenzel nach dem böhmischen Schlosse Karlstein in Verwahrung gebracht. 
Dort wurden sie auch zumeist von Wenzels Nachfolger, König 
Sigmund, gehütet. Aber als die Macht der Hussiten wuchs, und zu 
befürchten stand, daß die unschätzbaren Kleinodien in die Hände der 
gottlosen Ketzer fallen könnten, flüchtete sie Sigmund 1423 nach Ungarn 
in das feste, auf einem hohen Berge an der Donau gelegene Schloß 
Blindenburg (ungarisch: Visegraäd). Offenbar aber wurde es besonders 
von den Kurfürsten“) nicht gerne gesehen, daß die Symbole deutscher 
Kaiserherrlichkeit in einem fremden Lande aufbewahrt wurden, und 
so schenkte Sigmund den Bitten des Nürnberger Rats, der eins 
seiner angesehensten Mitglieder, den auch sonst noch öfter zu Gesandt— 
schaften verwendeten Sebald Pfinzing eigens zu diesem Zwecke nach 
Dfen geschickt zu haben scheint, ein geneigtes Ohr und entschloß 
sich, die Reichssinsignien für ewige Zeiten nach Nürnberg in Ver— 
wahrung zu geben. Die Urkunde, worin die Stadt dies Recht ein⸗ 
geräumt erhielt, ist vom 29. November 1428 aus Ofen datiert. 
Am 9. Februar 1424 wurde sie nochmals bestätigt.*) Bei den 
gefährlichen und kriegerischen Zeiten mußte die Überführung dieser kost— 
baren Schätze streng geheim gehalten werden. Der Rat betraute damit 
zwei angesehene Patrizier, Sigmund Stromer „zu der Rosen“ (so ge— 
nannt nach seinem Hause in der Dielinggasse, der jetzigen Theresien— 
straße) und Jörg Pfinzing, den Sohn des ebengenannten Sebald. 
Diesen beiden überantwortete der König das Heiligtum zu Ofen, wo 
er es zuletzt hatte hinbringen lassen und zwar, wie ein Augenzeuge 
am kaiserlichen Hofe berichtet „also stille schweigende und so heim— 
lichen, daß über 6 Personen nit (davon) wußten“. Die Abgeordneten 
mit dem umfassendsten kaiserlichen Geleit ausgerüstet, führten es auf 
einem Wagen mit sich, in einer Art Kasten, so daß jedermann glauben 
mußte, es seien Fische. Am 22. März 1424 wurde es in feierlichem Zuge 
in Nürnberg eingebracht. Die ganze Stadt feierte an diesem Tage 
und alle Bürger hatten ihr Festgewand angelegt. Die Gefangenen, 
selbst schwere Verbrecher, ließ man aus dem „Loch“ und aus den 
*) Vgl. Städtechroniken, III. Bd. S. 881. 
**) Nur mußte Nürnberg versprechen (laut Urkunde vom 23. Dezember 1488) 
die Reichskleinodien in dem Falle sofort nach Pilsen oder Ellbogen (merkwürdig 
genug zweien allerdings dem Könige treu gebliebenen böhmischen Städten) auszu⸗ 
liefern, wenn sich jemand im Reich gegen den König aufwerfen sollte. Bei dem ge⸗ 
spannten Verhältnis, in dem Sigmund gerade damals mit den Kurfürsten und 
insbesondere mit dem Markgrafen von Brandenburg stand, dessen alte Freundschaft sich 
schon längst in eine ausgesprochene Gegnerschaft verwandelt hatte, scheint eine solche 
Befürchtung nicht ganz grundlos gewesen zu sein. Und da mochte dem König die 
Rähe des Hohenzollern an der zum Aufbewahrungsort dieser Schätze erkorenen 
Reichsstadt bedrohlich erscheinen. Vgl. v. Bezold, a. a. O. II. Abteilung S. 10 f.
	        
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