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die ehemals Mendelischen Besitzungen, auf denen um jene Zeit die
Karthause gegründet wurde. Auch der jetzige Kornmarkt, auf dem sich
heute das großartige Hopfengeschäft abspielt, war nie bebaut und lag
da früher nicht einmal Märkte auf ihm abgehalten wurden, gänzlich
unbenützt da. Im Westen kamen die gewaltigen Räumlichkeiten des
deutschen Hauses mit der Jakobskirche innerhalb der Mauern zu liegen.
Aber neben und zwischen diesen großen Gebäudekomplexen und Gärten
lagen überall nur kleine und unansehnliche Häuser in engen Gäßchen,
in denen wohl mancherlei stattliche Gewerbe betrieben wurden, denen
aber jedes aristokratische Element fehlte. Die Patrizier und ehrbaren
Familien wohnten fast ausnahmslos und bis in die neueste Zeit nur
im Innern der Stadt.“)
Auch im Innern der Stadt sehen wir um diese Zeit eine An⸗
zahl hervorragender neuer Bauten entstehen. Vor allem fesselt die in
den zierlichsten Formen der Gotik prangende Frauenkirche, auch Marien⸗
kirche oder „Mariensaal“, häufig auch die Kaiserliche Kapelle genannt,
unsern Blick, die, wie wir bereits wissen, auf dem Platze der zerstörten
Judenschule und zwar in den Jahren 1355—1361 aufgeführt wurde.
Als ihre Erbauer werden genannt die Gebrüder Georg und Friedrich
Ruprecht und der Bildhauer Sebald Schonhover, von dem der reiche
Figurenschmuck des in seiner Art ganz einzigen Kirchleins herrührt.
Ob aber Essenwein Recht hat, der sich diese besondere Anlage daraus
erklärt, daß die Kirche zum Aufbewahrungsort der im Frühjahre 1850
von dem Sohne Ludwigs des Bayern, dem Markgrafen Ludwig von
Brandenburg, an König Karl ausgelieferten Reichsheiligtümer bestimmt
war, muß dahingestellt bleiben, obgleich es Thatsache ist, daß jene
Reliquien im Jahre 1861 (nach einigen Nachrichten schon 1860) auf
dem Umgang über dem Portal der Kirche öffentlich zur Verehrung ge—
zeigt wurden. Und wenn auch eine bei der von Essenwein vorge—
nommenen Restauration der Kirche unter der Tünche aufgefundene In—⸗
schrift besagt, daß Kaiser Karl IV. und der „erber rat“ das „wirdig
heilitum“ in die Kirche gegeben hätten, „dasselbige all jar mit fleiß
hie wißen (weisen) zu lon (zu lassen)“, so wurden die Reichskleinodien
doch in der ganzen Zeit von 1361 ab bis 1423, in welchem Jahre sie,
wie wir später sehen werden, endgiltig nach Nürnberg kamen, stets
an anderen Orten untergebracht und 1423 wurden sie sogleich der
Spitalkirche zur Aufbewahrung übergeben.**) (gorts. folat.)
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M Für vorstehende Schilderung vgl. Lochner, a. a. O. S. 99109.
**8) Vgl. Essenwein, A. v., Der Bildschmuck der Liebfrauenkirche zu Nürnberg.
Nba, 1881, Vorwort und S. 18