240 Zweiter Teil. Die Verwaltungsämter.
heiten . der Ungelderhebung und der Beaufsichtigung des Verkehrs mit
Wein sind infolgedessen häufigen Veränderungen unterworfen, die sich
aur selten zeitlich genau fixieren lassen. Um nicht zeitlich Verschiedenes
durch einander zu werfen, . müssen wir daher im folgenden von jeder
Detailmalerei absehen und uns darauf beschränken, die hierher gehörigen
Ämter in ihren Grundzügen darzustellen.
a) Das Visieramt. Damit das Ungeld erhoben werden kann, mulfs
zunächst die Menge des steuerpflichtigen Getränkes bestimmt sein. Zu
Jiesem Behufe hat der Rat zwei Visierer angestellt, deren Aufgabe es ist,
mit Hilfe eines einfachen Mefsapparates, der sogenannten Visierrute*), fest-
zustellen, wieviel Flüssigkeit jedes zum Verkauf oder Konsum bestimmte
Fafs enthält. Das visierte Fafs wird nach der Visierung sofort versiegelt,
um betrügerische Veränderungen seines Inhalts zu verhüten. Das Ergebnis
ler Messung wird mit Kreide auflsen auf den Fafsboden geschrieben und
unter genauer Bezeichnung des Fasses und seines Kigentümers noch am
selben, oder spätestens am folgenden Tage dem Ungeldeinnehmer auf
ainem Zettel mitgeteilt. Die Visierer selbst sind nicht befugt, das Ungeld
“ir den von ihnen visierten Wein in Empfang zu nehmen; wohl aber
erheben sie eine Visiergebühr, die einen Heller von jedem Eimer und
einen Heller von jedem Fafs zum voraus beträgt. Die eine Hälfte dieser
Gebühr fällt ihnen als Besoldung zu, während die andere Hälfte in die
Losungstube fliefst, und somit gewissermafsen einen Zuschlag zur Getränk-
steuer darstellt.
b) Der Ungelter. Aufgabe des Ungeldeinnehmers oder Ungelters
ist es, von den durch die Visierer bestimmten Getränkmengen das Ungeld
zu erheben. Als Unterlage dient ihm hierbei der Visierzettel; doch hat
er auf dem Weinmarkt und überall, wo ein herausgehängter Zeiger den
Ausschank von Bier ankündigt, auch selbst die Augen aufzumachen und
larüber zu wachen, dafs der Stadt das Ungeld nicht geschmälert werde.
Die Fässer, welche Ungeld gezahlt haben, versiegelt er, damit nicht etwa
ainterher zu dem versteuerten Getränk unversteuertes eingefüllt werde.
Über den durch seine Hände gehenden Ertrag des Ungelds hat er strengste
Verschwiegenheit zu bewahren. Sein Gehalt beträgt 2 G” pro Woche,
also 104 G", oder 130 % im Jahr. Zu Beginn unserer Epoche finden
wir Rudolf Gundelfinger als Ungelter vor. Ihm folgt, als er im Jahre 1431
stirbt, Georg Stromer. Seit 1436 verwaltet Konrad Eisvogel das Amt.
c) Der Verwalter des Kellers unter dem Gewandhause. Zur KEr-
leichterung des Verkehrs mit den sogenannten schweren Weinen richtete
1) Beschrieben von Ulman Stromer. Chron. I. 105f.