Fünfter Abschnitt, Zusammenbruch und Neugestaltung. 899
Einverleibung in das Königreich Bayern in die neuen Verhältnisse ein-
lebte, so scheint doch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dafs sie auch
schon eher den Mut gefunden hätte, mit ihrer reichsstädtischen Vergangen-
heit zu brechen, wenn das Patriziat ihr nicht jeden Einblick in die wahre
Lage der Stadt und jeden Einflufs auf die Leitung ihrer Geschicke ver-
sagt hätte.
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Drittes Kapitel.
Die Neugestaltung der städtischen Haushaltung unter bayrischer
Herrschaft.
Durch die am 15. September 1806 vollzogene Einverleibung Nürn-
bergs in den bayrischen Staat, ‚fiel die gesamte öffentliche Gewalt über
die Stadt und über ihr Gebiet der Krone Bayern anheim. Gesetzgebung
und Rechtsprechung, auswärtige Vertretung und militärischer Schutz ging
damit in die Hände der königlichen Landes- und Provinzialbehörden über.
Die Kosten für sie wurden auf die Staatskasse angewiesen, welche gleich-
zeitig mit den Resten des städtischen Vermögens die gesamte reichs-
städtische Schuld übernahm. Als Gegenleistung hierfür mulste es sich
die Einwohnerschaft gefallen lassen, dafs sie der staatlichen Steuergesetz-
gebung und Militärdienstpflicht unterworfen wurde.
Insoweit ging die bisherige nürnbergische Haushaltung in den bayri-
schen Staatshaushalt auf. Daneben wurde aber auch noch ein besonderer
kommunaler Behördenapparat geschaffen, um den Bürgern die Selbst-
verwaltung derjenigen öffentlichen Angelegenheiten zu ermöglichen, welche
der Staat ihnen im Ortsinteresse zu überweisen für gut fand. Hierzu ge-
hörte in erster Linie:
die Handhabung der lokalen Polizei;
die Errichtung und Unterhaltung der örtlichen Zwecken dienenden
öffentlichen Hoch- und Tiefbauten, insbesondere die Fürsorge für das
Strafsenpflaster und die Brücken;
die Reinigung und Beleuchtung der städtischen Verkehrswege;
die Anstalten zur Abwehr von Feuersgefahr und Epidemien;
das niedere Bildungs- und Erziehungswesen;
die Aufbringung und Verwaltung der Geldmittel, welche zur Erfüllung
dieser Aufgaben nötig wurden.
AN diese Verwaltungszwecke, die wir im Unterschied von den ehemaligen
reichsstädtischen als die kommunalen bezeichnen können, fallen, wie
man sieht, in das von uns früher schon umschriebene Gebiet der Polizei-
und Wohlfahrtspflege. Bisher war‘.nur ein kleiner Bruchteil der öffent
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