Einfiübrung.
Reichsftadt und Stadtrecht.
Nürnbera, Dinkelsbühl und Rothenburg,
Den frühen und früheften Jahren der deutjhen Gefjcdhichte it der Begriff
der „Stadt“ im heutigen Sinne fremd gewefjen. Erft in der nadhfränfijdhen Zeit
entwidelten [id die Städte als politijdHe Gebilde, viele von ihnen erlangten im
13. und 14. Jahrhundert als „Freie Städte“ bzw. „Reichsftädte“ politiidhe
Selbijtändigkeit. Als Verkehrsmittelpunite und wirtfhaftlide Zentren haben fie
im 14. und 15. Jahrhundert einen mächtigen, ja entfjheidenden Einfluß auf das
fulturelle und politiidhe Gepräge der Nation ausgeübt.
Das Marfktrecht war der Kern, um den fidH die Kette der Rechte legte, die
IchließlidH den Begriff der Stadt beftimmten. Das „ius mercatum habendi“,
das Marfktregal, verlieh urlprünglidh der König, die damit verbundene Marfktge-
ricdhtsbarfeit, das Marktrecht, wurde zur Wurzel des Stadtrechts. War der
König der Stadtherr, Jo war die Stadt eine Königlidhe, [päter „Reichsitadt“. Ein
föniglider Beamter — Buragraf, Schultheiß oder Vogt — übte in ihr die
Hoheitsrehte des Reiches aus. in feinen Händen ruhte auch die oberite Ge:
richtsbarfeit.
Die vom Stadtherrn erteilten Privilegien find die Äälteften ftädtijchen
Rechtsquellen. Bedeutfamere Streitigkeiten entihied in der Regel nicht der
Schultheiß, [ondern der Stadtherr, der König fjelbjt. Diefe Entjheidungen waren
jodann für die fernere Zeit maßgebend, fie wurden Richt{hnur für die Rechts-
entwidlung. Langlam bildete fidh das Recht der Städte heran. Das SGewohn-
heitsrecht, die Urteile und Weistümer der Stadtgerichte, die vom Rat gegebenen
Sagungen wurden bald aufgezeichnet. Ende des 15. Zahrhunderts begann man
hier und dort, diele älteren Rechtsquellen gänzlidH umzuarbeiten, es ent{tanden
die Jogenannten Stadtrechtsreformationen. Die Bezeichnung „Reformation“ it
offenbar aus Italien übernommen. SHorffelbit mar fie für umfanareichere Stadt-
rechte üblich ?).
Das bedeutendite und zugleich das ältefte gedrudte deutihe Stadtrecht war
die Nürnberger Reformation von 1479. Diefe bietet eine volljtän-
dige Verarbeitung des deutihen Rechts, jei es des gefhriebenen oder des Ge-
wohnbheitsrechts, [oweit es den Zeitverhältniffen entiprad, vermeidet aber feines-
weas die Aufnahme romaniicher Rechtsfätze, falls diele den Berfafiern beffer
\ Stobbe, Rechtsquellen, Bd. 2 S. 233.