Volltext: Albert Dürer

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die doch die Menschen, die sie Väter nennen, erdicht und aufgesetzt haben, 
dadurch uns das köstlich Wort an viel Enden fälschlich ausgelegt wird, 
oder gar nicht fürgehalten. — — O höchster himmlischer Vater, gieß 
in unser Herz durch Deinen Sohn Jesum Christum, ein solches Licht, daß 
wir erkennen, zu welchen Geboten wir zu halten gebunden sind, auf daß 
wir der Andern unnöthige Beschwernis mit gutem Gewissen fahren lassen, 
und Dir ewiger himmlischer Vater mit fröhlichem Herzen dienen mögen. 
— — Ach Herr, gieb uns das neue, geschmückte Jerusalem, das vom 
Himmel herabsteigt, Dein heilig klares Evangelium, das nicht mit mensch— 
licher Lehr verdunkelt sei! — — durch der Widersacher Opiniones, 
die da aus Menschen Götter machen wollen! — — O Gott, 
ist Luther todt, wer wird uns hinfüro Dein heilig Evangelium so klar 
fürtragen! — —“ 
Und nun wendet sich der fromme Mann in der Angst seines tief 
bekümmerten Herzens an Erasmus Roterodamus, den er eben auch 
kennen gelernt hatte, und beschwört ihn, sein Leben an den Kampf für 
die heilige Wahrheit zu setzen! Aber da kam er freilich an den Falschen; 
dem hatte die glatte Antike schon lange das deutsche Herz zerfressen, und 
die Kraft männlicher Ueberzeugung, wenn er sie je gehabt, sie war ihm 
lange schon abhanden gekommen; über dem hohlen Cultus der Form hatte 
er lange schon den Inhalt vergessen! Gottlob, daß Luther lebte, daß sein 
warmes, von der göttlichen Wahrheit erleuchtetes Herz noch frisch und 
lebendig schlug; aus den erleuchteten Köpfen der hochgerühmten Huma— 
nisten, wie Erasmus einer war, wäre uns das Heil der Erneuerung des 
Christenthums sicherlich nicht gekommen. 
So mag auch Dürer aufgeathmet haben, als er die Wahrheit er— 
fuhr bei seiner Rückkehr nach Nürnberg, die bald darauf erfolgte. 
Das Resultat der ganzen jahrelangen Reise aber ist das alte Lied 
und das alte Leid: „Ich hab' in allen meinen Machen, Zehrungen, Ver— 
kaufen und anderer Handlung,“ so klagt er, „nur Nachtheil gehabt im 
Niederland, in all meinen Sachen, gegen großen und niedern Ständen.“ 
2 Sein Reich war nicht von dieser Welt! Das einfältige Kindesherz 
dieses zur Erde verschlagenen Genius war nicht auf den Erwerb der 
Güter dieser Zeitlichkeit gerichte. Seine Tage neigten sich zum Ende. 
Auch den Keim eines schweren Siechthums, ein schleichendes Fieber, hatte 
er von der verhängnißvollen Reise heimgetragen; das verzehrende Gift
	        
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