nicht feststellen lassen. Jedenfalls ist er bei Biberbach
nicht lange geblieben, sondern bereits nach einem guten
Vierteljahr, im Mai 1830, zu dem damaligen Ratsakzes-
sisten Freiherrn von Tucher, einem noch jungen Mann,
übergesiedelt, der schon früher zu seinem Vormund er-
nannt worden war. Auch dort behagte es ihm herzlich
wenig. Nicht, daß er sich etwa über Herrn v. Tucher
zu beklagen gehabt hätte; dieser Sproß einer alten Nürn-
berger Familie war ein guter Mensch mit Verständnis für
seinen Pflegling, aber er hielt Kaspar in Schranken. Er
durfte nicht mit der Familie am Tisch essen, sondern die
Mahlzeiten wurden ihm auf sein Zimmer gebracht, und
man machte ihm Schwierigkeiten mit dem ungehinderten
Ausgehen. Nebenbei bemerkt waren seit dem Attentats-
versuch zu seiner Sicherheit zwei Polizisten abgeordnet,
die ihn draußen auf Schritt und Tritt begleiten mußten.
Kurz, es gefiel ihm nicht mehr besonders, und diese seine
Unzufriedenheit kam in dem Augenblick zum Ausbruch,
wo er zum erstenmal mit dem Mann zusammentraf, der
in der Umgebung Kaspar Hausers wohl die merkwürdigste
und bis zum heutigen Tag ungeklärte Rolle gespielt hat.
Jener Mann war Philip Henry Earl Stanhope (1781—1855),
ein Engländer aus vornehmster Familie und ein Neffe des
berühmten Ministers Pitt. Am 28. Mai 1831 traf er in
Nürnberg ein und wünschte die Bekanntschaft Hausers
zu machen; sein Bankier Merkel vermittelte, sie sahen
einander dort, und Stanhope faßte gleich eine außerordent-
liche Zuneigung zu Kaspar, versprach ihm das Blaue vom
Himmel herunter, erklärte ihm, er sei wahrscheinlich ein
ungarischer Magnat und müsse wieder in seine Würde
eingesetzt werden, stellte ihm auch in Aussicht, er würde
ihn von Deutschland mit auf sein. Schloß in England
nehmen.