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Um 3u erfennern, wie ficher und Funftvoll er feine Gegenftände
geftaltet, brauchen wir nur feine Quellen näher zu unterfuchen,
wie es fchon mehrere Soricher erfolgreich gethan haben. Mir finden,
daß Hans Sachs nicht etwa nur eine einzige Morlage verfifiziert,
fondern daß er aus allen damals bekannten Behandlungen des
Begenftandes, der ihn befchäftigte, ein durchaus felbjtändiges Bild
gefchaffen hat. €r erfannte die draftifjchen Züge, rückte fie an
die geeignetite Stelle und verjah das Ganze noch mit felbfterfun:
denen, nicht minder anziehenden Ausgeftaltungen,
Eingehende vergleichende Studien werden uns ficher auf der
anderen Seite Aufklärung darüber bringen, wie Hans Sachs an das
Dolfslied anknüpfte, aber nicht an das, worin das äußerlich glän:
zende, innerlich arme Abentenuerleben der Nitter vorgeführt wurde,
Jondern an das Molfslied, deffen Stoffe den wirklich poetifchen, an
innerem £eben fo reichen Kreifen der unteren Klaffen entnommen find.
S$rüher hörte höchftens der Nürnberger auf die Erzählungen vom
Schüttenjam, jeßt hörte das ganze Yolk auf die CThaten der Lands:
Fnechte gegen die Türken, die Hans Sachs verherrlichte ; jeßt brachte
er die Sagen von Heinrich dem Köwen, vom treuen Edart, vom
Tannhäufer wieder auf die Bahn. Und in dem erften Entwurfe
von vielen feiner Dichtungen, die er mehrmals behandelt hat, fehen
wir, daß er wie das wortkarge Molfkslied Lücken und Sprünge läßt
und es dem Hörer überläßt, fie mit feiner Phantafie auszufüllen.
Interefjante Ausblide wird man gewiß auch gewinnen, wenn die
Kunftblätter herangezogen und verglichen werden, die jeßt in den
Sammlungen als Fofltbare Stücke der fog. Fulturgefchichtlichen Abteilung
liegen. Zu den Zeiten, da man Hans Sachfens Dichtungen als de
Reimereien mißachtete, fchnitt man den Tert weg, fodaß heute die
Kenntnis des großen Hans Sachfifchen Stofffreifes dazu gehört, um
Bild und Tert wieder zujammenzubringen. Da ift noch mancher
Schaß 3u heben, foviel auch {chon gethan worden {ft Dann
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