Volltext: In Memoriam Adolf Bartning

es ihm weder an der nötigen Hartnäckigkeit und Ausdauer 
noch auch am persönlichen Mut, wenn freilich er es vor- 
zieht, die brennenden Kohlen von anderen aus dem Feuer 
holen zu lassen, um selbst nach außen hin ein Gesicht 
der Harmlosigkeit und Unschuld zur Schau zu tragen. 
In gewissen Fällen aber wäre er imstande, mit der größten 
Rücksichtslosigkeit zum entscheidenden Schlage auszu- 
holen. Seiner wirklich ausgezeichneten Beobachtungsgabe 
entzieht sich nichts. Was ihn aber zum höchst un- 
angenehmen Gegner macht, sind sein Argwohn und seine 
Vorsicht, mit der er seine Schachzüge einzuleiten und 
durchzuführen versteht; weit mehr noch seine Fähigkeit, 
sich in jedem Augenblick durch äußerst geschickte Wen- 
dungen zu salvieren und seine Rachsucht in feinere und 
gröbere Intriguen umzusetzen. Versöhnlichkeit, Toleranz, 
soziale Gefühle und herzensbedingte Rücksichtnahmen sind 
die am wenigsten bevorzugten Tugenden. 
Nicht braucht besonders gesagt zu werden, daß 
Schreiber, wie im beruflichen Leben, auch im engeren 
Verkehr sich nicht besonders herzlich und liebenswürdig 
erweist. Er besitzt freilich gemütlichere Regungen, aber 
er lebt zu sehr in seiner persönlichen Welt und seinen 
egoistischen Interessen, als daß man von ihm restlose Hin- 
gabe erwarten dürfte. Er verträgt auch keinen Wider- 
spruch und ist nicht im mindesten geneigt, von seiner 
Autorität einzubüßen. Ein friedliches und reibungsloses 
Auskommen mit ihm ist schon mit Rücksicht auf seine 
starken Stimmungsschwankungen sehr in Frage 
gestellt. Die unausbleiblichen Konflikte erfahren indessen 
eine weitere Verschärfung durch seine Unnachgiebigkeit 
und seine mitunter sogar an bösartige Tyrannei grenzende 
Herrschsucht, die er sowohl an Untergebenen als auch an 
Näherstehenden auswirken läßt. Ihn mit vernünftigen 
11 Bartning, Kaspar Hauser
	        
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