105 blieb, konnten sich polnische Sitten um so rascher unter den dort angesiedelten Deutschen, die nach den wilden Mongolen- stürmen schon im dreizehnten Jahrhundert unter dem ungari- schen König Bela IV. dorthin gerufen waren, verbreiten, und seitdem der polnische König Wladislaus IIL. von Varna 1440 auf den ungarischen Thron berufen war,!’%) und 1490 noch ein anderer polnischer Prinz aus dem Hause der Jagellonen, König Wladislaus II, von Böhmen, die Krone Ungarns empfangen hatte,!7!) da wurden die Beziehungen beider Nachbarländer immer inniger, und recht lebhaft gestaltete sich der Verkehr des nördlichen Ungarn mit Krakau und anderen polnischen Ortschaften über Leutschau und Kesmark her. Besonders für das Komitat der Zips bekam die Stossschule ihre Bedeutung. Dorthin lieferten Veit Stoss und sein Sohn Stanislaus Altarwerke, und ausserdem richteten sich in deren Werkstätten ausgebildete Meister!’?) in diesen Orten ihre eigene Werkstatt ein. Die trotz der verwüstenden Einfälle der Türken in bedeutender Zahl ver- schont gebliebenen Denkmäler, die unter sich auffallend verwandt sind, beweisen, dass auch einheimische Meister im deutschen oder polnischen Stilsinne im Lande geschaffen haben müssen. !7®) Freilich stehen sie im allgemeinen den deutschen Erzeugnissen nach. Andererseits aber wurden auch deutsche Werke in das Oberland importiert, was hauptsächlich bei vielen Malereien der Fall sein wird, weil sie ausgesprochen fränkischen Charakter haben. Unter den Schnitzaltären der Zipser Kirchen fand ich in der Domkirche St. Martin des Städtchens Kirchdrauf mit den 170) Als König von Ungarn Wladislaus I. genannt, der 1444 in der Schlacht bei Varna gegen die Türken Leben und Sieg verlor. 17) Bis 1516 hatte Wladislaus den ungarischen Thron inne. 1?) Bei der guten Zunftorganisation durften viele Gesellen bei einem Meister lernen. 173) Auch in Breslau wurden ungarische wie polnische Meister ausgebildet. Einer der Söhne Veits siedelte sich in Schlesien an (Schlesiens Vorzeit in Wort und Bild, B. III), Maler Niclos von Krokow wird zwischen 1445 u. 1489 genannt. Das aus der Magdalenenkirche stammende Triptychon mit Kreuzigung und Krönung Christi von 1493 zeigt polnische Gestalten und ist vielleicht von einem Polen gearbeitet. In den ersten zwanziger Jahren des 16. Jahrhunderts nimmt polnischer Einfluss überhand, [KI2 wenden sich die Fleischer polnisch an die Krakauer.