184 — „Denke nicht schlecht von mir,“ bat sie, ihn offen anschauend, „weil ich im Übermaß der Liebesseligkeit Deinen Liebkosungen nicht wehrte, allein die Eltern wollen nur ihres Kindes Gluck und werden, ich fühle es, mich Dir nicht weigern. Jetzt aber laß mich gehen, ihnen frei meine Liebe zu gestehen.“ „Und ich eile, das Reisegewand mit dem des Freiers zu vertauschen. Noch an diesem Nachmittag bitte ich Deine Eltern, mich als Sohn anzunehmen. Der erste aber, der mein Glück erfahren soll, ist mein gnädiger Herr, der Herr Pfalzgraf.“ Noch einen Kuß tauschten die Liebenden, dann schieden sie. Als Helena ins Haus trat, kam Eva zufällig ihr entgegen. Innig umarmte die Glückstrahlende die treue Freundin. „O, Eva, wie soll ich Dir danken?“ Lachend und jubelnd preßte diese sie an sich. „Und hast Du mir meine Hinterlist verziehen?“ Ein Kuß war die Antwort. Nach wenigen Minuten stand Helena dann vor ihren Eltern und bekannte freimütig ihre Liebe und was sich in der letzten Stunde zugetragen hatte. Segnend vereinigten diese ihre Haͤnde auf dem Haupt des vor ihnen knieenden, teuren Kindes. Frau von Königsmark spazierte während der Zeit mit Eleonore Felicitas, Eva und dem Kornett draußen im Garten. Sie hatte Helena vom Turm herkommen sehen und in der Annahme, die Tochter habe den Eltern wohl etwas allein anzu— vertrauen, begab sie sich zu den jungen Leuten. Still ging Helena sodann in ihr Zimmer, in dem sie in letzter Zeit so manchen Kampf gekämpft haätte. Dort sank sie auf die Knie nieder, dankte Gott für seine Güte und flehte ihn an, daß er ihr helfe, den Geliebten glücklich zu machen. NRünfzehntes Rapitel. Am Nachmittag dieses für die Familie Praunfalk ereignis— reichen Tages rollte eine Staatskarosse vor das Thor des Besitz⸗ tums des steirischen Edelmannes. Der Herr Pfalzgraf entstieg derselben, gefolgt von seinem Hofmarschall, beide in gar prächtige Gewänder gekleidet. F Eilfertig stürzte der alte Hans samt den andern Dienern erbei.