16 als veredelter weltlicher Sinn zu betrachten ist, suchte nicht den rohen Kampf; nicht Morden und Schlachten galt als ritterlich, sondern feste Regeln machten den Kampf zu einem würdigen Spiele, und die Sitte der Zeit verlangte nicht bloß Mut und Kraft, sondern auch Großmut, Frömmigkeit und Edelsinn als innere Eigenschaften, Feinheit des Be⸗ nehmens, Artigkeit gegen die Damen, geweckten Sinn für die schönen Rünste, mit einem Worte feine Bildung, als äußerliche Eigenschaft des Ritters. Die Frauen auf den Burgen verstanden häufig lateinisch und französisch, sie konnten lesen und schreiben, singen, Zither und Harfe spielen, Lieder dichten, Sagen und Märchen erzählen. Eine edle Unterhaltung im höfischen Burgleben bot die Teilnahme, welche die reiche Entwicklung der dichterischen Citteratur, die ihre Blütezeit von etwa 1150—– 1300 hat, in den ritterlich⸗romantischen Kreisen fand, namentlich aber an den Höfen der Landgrafen und des hohen Adels eine Lieblingsstätte hatte. Die Seele der romantischen Dichtung war „die Minne“. Griechische und römische Helden und Heldinnen, germanisch-heidnische Recken, keltische Prinzen und Prinzessinnen, Dietrich von Bern, Attila und Karl der Große, Siegfried und Chriemhild, alle diese Stoffe wurden romantisch beseelt und erhielten ritter⸗ liche Gewandung; man behandelte die Sagen vom König Artus, vom heiligen Gral, vom König Marke, und es wurden die vom Volke Jahrhunderte lang aufbewahrten heldensagen ans Licht gezogen. Im späten Miittelalter, im 15. Jahrhundert, verblaßten die Ideale der Romantik, und die ritterlich-romantische Welt ging der Sersetzung entgegen. Die Erziehung des Knaben in der Blütezeit des Ritter— tums zielte von Anfang an auf die Aneignung ritterlicher Fertigkeiten und höfischer Sitten, während die höhere Geistes—