574 feststellen wollte. Nichts lag den glaubenseifrigen Menschen des 16. Jahrhunderts ferner als der Gedanke allgemeiner Gewissensfreiheit und gegenseitiger Duldung. Durch jenen Religionsfrieden wurden nur die Reichsstände als solche unbeschadet ihrer Religionsverschiedenheit unter einander friedlich vertragen, dabei blieb es aber jedem einzelnen Reichsstand überlassen, seine Unterthanen und Bürger hiinsichtlich ihres Glaubens nach Gutdünken zu behandeln oder auch zu miß— handeln. Nur für die beim Abschlusse des Religionsfriedens in den geistlichen Herrschaften schon vorhandenen Protestanten war Duldung und für die zu demselben Zeitpunkte in den Reichsstädten bestehenden Konfessionsverhältnisse war deren Fortbestand ausbedungen. In allen. übrigen Staaten und Städten des Reichs wurde von den Fürsten und Obrigkeiten den Bekennern des von dem ihrigen ab— weichenden Glaubens ganz gesetzmäßig nicht bloß Religionsfreiheit, sondern auch Religionsduldung versagt. Die beiden Parteien be— harrten auf dem Recht der gegenseitigen Ausschließung, am häufigsten aber fielen die Protestanten in die Inkonsequenz, für sich die Duld— ung zu fordern, die sie anderen verweigerten und sich über dieselben Bedrückungen zu beklagen, welche sie da, wo sie die Macht hatten, andere fühlen ließen. Daß unter solchen Umständen die Religions— beschwerden ein stehendes Kapitel auf den Reichstagen bildeten, kann nicht Wunder nehmen. Noch schlimmer wurde es, als die Jesuiten im Reich Eingang gefunden und sich allmählich im Vaterlande Luthers und seiner Re— formation ausbreiteten. Höchst unscheinbar waren die Anfänge ihrer Wirksamkeit, sobald sie aber an einigen Punkten, in Bayern, Mainz, Fulda, festen Fuß gefaßt, waren ihnen die erstaunlichsten Erfolge sicher. Nach kurzer Zeit gehörten ihnen die theologischen Lehrstühle an den Universitäten, waren sie Leiter von Unterrichts-— und Er— ziehungsanstalten, welchen die Jugend der Vornehmen zuströmte, hatten sie sich heimisch gemacht an den Höfen und bald gab es in Deutschland keinen katholischen Fürsten, der nicht einen Jesuiten zum Beichtvater gehabt hätte. Um den im schärfsten Gegensatz zum Protestantismus stehenden Geist des Jesuitenordens in die weitesten Kreise hinüber zu leiten, wurden die marianischen Bruderschaften ge— gründet und dafür, daß es der zur Bekämpfung des Protestantismus aufgebotenen geistlichen Streitmacht niemals an Nachschub frischer Kräfte fehle, sorgte in ausgiebiger Weise das dem Jesuitenorden unterstehende Collegium germanicum, das Kadettenhaus des Ordens in Rom. Der um die Mitte des Jahrhunderts überall siegreich vordringende Protestantismus sah sich zuerst zum Stillstand, dann zur Verteidigung manches gewonnenen Terrains gezwungen und NIi a Pe bp W Um o7 Iu hert — ß p i 43 ]