NV Mit welchen Empfindungen mag wohl Dürer den letzten Strich in der Apokalypse geführt haben? Die Antwort geben die beiden grossen Holzschnittfolgen, welche er unmittelbar darauf in Angriff nahm: die Passion und das Marienleben. Wohl sprachen viele Züge in der heimlichen Offenbarung seine Natur an, Er war einer phantastischen Anschauung zugeneigt und liebte, wie wir aus seinem eigenen Munde erfahren werden, zu träumen. Ihn fesselten die mächtigen Gestalten und kühnen Be- wegungen. Das phantastische Element wurde ihm aber hier von aUsSSCH Zugetragen, war nicht der eigenen, persönlichen Stimmung frei entsprungen. Die in leidenschaftlicher Handlung begriffenen Gestalten weiter lassen das eigentliche dramatische Pathos häufig vermissen, da sie nur fremde Befehle vollziehen, nicht aus innerstem Antriebe die wilden Thaten ausführen. Man wäre versucht, die gewerbsmässige Weise, mit welcher z. B. die Engel vom Euphrat ihres Amtes walten, auf diesen Umstand zurückzuführen. Endlich kommt in der Apokalypse nur ein eng begrenzter Kreis von Empfin- dungen zur vollen Geltung. Wir begreifen, dass Dürer nach Voll- endung der Apokalypse zunächst und mit Eifer nach Gesvenständen