220 B. Besonderer Teil. V. Verletzungen der Sittlichkeit. wenig ehrenvoller Solennität stattfindet, ausführliche Vorschriften. So bestimmt man 1582, dafs der Bräutigam ohne Kranz, die Braut im schmucklosen Schleier fast ohne Gefolge zur Kirche wandern und das Mahl ohne Spiel und Fröhlichkeit abhalten sollen; auf dem Lande dienen Strohkränze zur Zierde, Gerichtsbüttel als Ge- leite.”) Mit ernstlicher Ahndung schreitet man indels nur gegen Unverbesserliche ein, sofern ein öffentliches Ärgernis oder andre bedenkliche Folgen zu gewärtigen sind. Notorisch unheilbare Bürgerskinder sind es auch, welche, wie die Tugendelse, die Mark- gräfin und andere Koryphäen, von Jahr zu Jahr wieder in den Straf- listen auftauchen, um endlich — von ehrlichem Gewerbe für immer ausgeschlossen — nach empfindlichen Strafen dem Elend oder dem Schaffot zu verfallen. Außer der Verweisung fungieren in Verbindung mit dieser Pranger und Rute, welch’ letztere später in entwürdigendster Weise zur Anwendung kommt, als gewöhnliche Sühne. Jugendliche schliefst man ev. beim Stadtknecht „an ein panck“ oder über- liefert sie der Freundschaft zur Korrektion. Ebenso häufig ist die Kirchenbulse. Brandmarkung tritt nur bei Rückfall und Ge- werbsmälsigkeit ein, wenn die Beschuldigte sich als „unendlich“ oder „Aufmacherin“ erweist und solchen Leuten Unterschlupf ge- währt. 1508 liest man Lebendigbegraben, 1582 das Hängen von zwei Dirnen, dazu auch Richtungen mit dem Schwert. Bei Ver- bannung droht man mitunter für den Fall der Rückkehr Grab oder Sack an. Die Markgräfin wird vorher in das Halseisen auf den Pranger gestellt, ihre Taten werden feierlich vom Rathaussöller aus dem Pöbel verkündet (!). Eine andre wird, wie erwähnt, fast gelyncht und durch Steinwürfe in den Wald gejagt. Einen Bader beraubt man, da er rückfällig, der Augen; seine Dirne wird gebrandmarkt. Ver- mutlich liegt Ehebruch vor. Als besonders gravierend gilt die Begehung des Delikts an Klosterfrauen oder mit Geistlichen, zwischen Christen und Juden, im Rathaus oder in der Kirche, 1522 wird ein verheirateter Mönch ausgewiesen. Bettelrichter und Stadtknechte, welche ihre Gewalt mifsbrauchen, riskieren schwere ‘Ahndung; des Lochhüters Magd verbannt man auf drei 2) Mand. 15892.