70 Erster Teil. Der Rat. Beschlüsse finden wir deshalb wohl mit einem ausdrücklichen Hinweis Jarauf eingeleitet, dafs sie in einem „wohlbesamneten“ Rate oder von Räten, Schöffen, Alten Genannten und Handwerkern gemeinsam gefafst worden seien. Auch werden bisweilen der größeren Sicherheit halber die Namen der bei der Abstimmung fehlenden Mitglieder ausdrücklich hinzu- gefügt, damit an der Hand der Ratslisten jederzeit festgestellt werden könne, wer alles bei der betreffenden Beschlufsfassung im Rate zugegen gewesen sel. MR Vierter Abschnitt. Die Ausführung der Beschlüsse. 8 1. Ratspflicht und Bürgerpflicht. Ist ein Beschlufs gefafst, so wird er einer geeigneten Person zur Voll- streckung überwiesen oder — WIe es in. der Amtssprache heilst — „ver- lassen“. Die Beschlüsse selbst werden daher auch „Ratsverlässe“ genannt. Jeder Verlafs richtet sich zunächst an ein Ratsmitglied oder an den proto- kollführenden Schreiber; denn da bei der Beschlufsfassung niemand zugegen sein darf, der dem Rate nicht angehört, so ist nur ein Ratsherr oder der Protokollführer in der Lage, von dem, was im Rat beschlossen wird, als Ohrenzeuge diejenige Kenntnis zu nehmen, welche er braucht, um es ent- weder selbst auszuführen, oder Aufsenstehenden zur Ausführung mit- zuteilen. Die Aufforderung hierzu ergeht an ihn in Form einer Bitte, die jedoch die Wirkung eines Befehls hat, da sich unentschuldigt ihr niemand entziehen darf. Wem solchergestalt die Ausführung eines Rats- beschlusses verlassen wird, heilst der dazu „gebetene“ oder „deputierte“ Herr. Er ist durch seinen Ratseid verbunden, die ihm übertragene An- gelegenheit gewissenhaft zu erledigen und sich dabei durch keine anderen Geschäfte hindern zu lassen. Der Dienst der Stadt geht selbst den eigenen häuslichen Angelegenheiten vor und die Anforderungen, die er an den einzelnen stellt, sind nicht gering. Abgesehen von einer oft sehr umfang- ceichen Thätigkeit, die nach Ort und Stunde nicht fest gebunden ist, bringt er nämlich fast an jedem Vormittage eine zwei- bis dreistündige Rats- sitzung mit sich, zu der nach Tisch noch für einen Teil der Mitglieder regelmäfsig wiederkehrende Kommissionssitzungen hinzutreten ; ferner macht er zahlreiche Ritte nach auswärts nötig, die sich zwar meist nur auf die Umgebung der Stadt beschränken und in der Regel daher nicht mehr als zwei bis drei Tage dauern, die sich unter Umständen jedoch auch bis