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„II. Die Festtage 6— 
In dem Lebensbild: „Der junge Meister“ wird Hans 
Sachs nach seinen verschiedenen Seiten, als treubesorgter 
Familienvater, als liebevoller und fester Ehegatte und Haus— 
herr, als schaffensfreudiger Dichter und hier zugleich in seinem 
Verhältnis zur Meistersingerschule vorgeführt. Ein Gegensatz 
besteht nach dem Genéeschen Stück in der ganzen —A 
weise und der religiösen Auffassung des Dichters und der 
Frau Kunigunde, der um so schärfer hervortritt, als die Ge— 
mütsart der Gattin etwas heftiger Natur ist. Sie hat sich 
allem Anschein nach nur schwer von der alten Kirche und 
ihren Ceremonien trennen können und bringt auf der anderen 
Seite der neuen Lehre und ihrem Urheber keine allzu großen 
Sympathien entgegen. Hans Sachs selbst meint, daß sie im 
Herzen immer noch etwas päpstisch sei, während sie Luther als 
den Papst ihres Mannes hinstellt. Sie ist eine durchaus 
nüchterne, hausbackene Natur, die im Grunde für das dichterische 
Schaffen ihres Mannes außerordentlich wenig Verständnis an 
den Tag legt, die nur den Meistersinger gelten lassen will, 
aber den weitschauenden Dichter, der sich auch um der Welt 
Lauf, um Papst und Luther bekümmert, nicht versteht. Sie 
ist ausschließlich die in kleinem Kreise aufgewachsene, engherzige 
Hausfrau, der es nicht einleuchten will, wie ihr Mann sich für 
die römische Lucretia, deren Schicksal er sich als Stoff für 
eine Tragödie ausersehen hat, erwärmen kann. Die Wittem— 
bergische Nachtigall war auch nicht nach ihrem Sinn, ohne 
Zweifel deshalb nicht, weil er darin das religiöse Gebiet be— 
treten, den Papst und die Mißbräuche in der alten Kirche 
berurteilt und sich für Luther und seine Lehre entschieden hatte, 
und im tieferen Grunde wohl noch ganz besonders, weil sie 
aus solchen Dichtungen Ungelegenheiten für ihn und seine 
Familie befürchtete. Nach dem Erischeinen der Wittembergischen 
Nachtigall hat er ihr versprechen müssen, der religiösen Dichtung 
ganz zu entsagen. Der Dichter ist auch ohne Zweifel fest 
entschlossen, diesem seinem Versprechen treu zu bleiben. Aber
	        
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