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Bericht über 100 Fälle von »Radicaloperation des Leisten-
bruches nach der Bassini'schen Methode«
Dr. Felix Fraenkel, Sekundärarzt.
vn
Die operative Behandlung des Leistenbruches hat in den beiden letzten
Jahrzehnten in erheblichem Masse an Verbreitung gewonnen und ist, wie be-
sonders grössere Sammelberichte aus verschiedenen chirurgischen Kliniken be-
weisen, noch in steter Zunahme begriffen. Es tritt nach diesen Mittheilungen die
Radicaloperation des Leistenbruches gegenüber der Bruchbandbehandlung immer
mehr in den Vordergrund, nicht nur in den Fällen, wo die letztere aus irgend
einem Grunde erfolglos oder unthunlich erscheint, sondern auch da, wo ein
Bracherium die Rolle eines palliativen Hilfsmittel auszufüllen im Stande wäre.
Auch in geeignetsten Fallen bleibt eben —-. wenigstens bei der überwiegenden
Mehrzahl unter den erwachsenen Patienten — das Bruchband lediglich ein
palliatives Hilfsmittel; zudem ein Hilfsmittel, das einerseits nicht einmal
gegen die Gefahr der Einklemmung unbedingte Sicherheit gewährleisten kann,
das andererseits auch in sich selbst eine Reihe von Belästigungen trägt, die
ja gewiss von einem Teil der Patienten nur in sehr geringem Masse empfun-
Jen werden, anderen hingegen eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung von
Arbeitsfähigkeit und Lebensfreudigkeit bedeuten. Hat aus diesen Gründen
die operative Behandlung des Leistenbruches, welche die radicale Besei-
tigung dieses so weit verbreiteten Leidens erstrebt, schon von jeher das ärzt-
liche Interesse in hohem Grade in Anspruch genommen, so wird doch im con-
creten Falle der Rath zur Operation vom gewissenhaften Arzte nur dann bereit-
williger gegeben, vom Patienten aber, bei der Art des Leidens, auch ange-
nommen werden, wenn bei der operativen Behandlung die Erfüllung von fol-
genden 3 Forderungen aller Voraussicht gemäss in genügendem Masse gewähr-
leistet werden kann:
1. Ungefährlichkeit des Eingriffe an sich.
? Ein glatter, nicht allzulange währender Heilverlauf.
3. Weitgehende Sicherheit gegen ein Wiederauftreten des Bruchleidens.
Dass betreff der beiden erstgenannten Punkte jetzt weit grössere Sicher-
neit als früher geboten ist, beruht auf den allgemeinen Fortschritten der
operativen Chirurgie während der aseptischen Aera. So ist vor allem die
Gefahr für das Leben des Patienten im Verlaufe oder Gefolge der Opera-
tion nicht eingeklemmter Unterleibsbrüche fast — O geworden: eine Zusammen-
stellung Sultans ') von Sammelberichten aus den Jahren 1895—1901 bietet
unter m Sn einer Radicaloperatinon unterworfenen Fällen eine Mortalität
von 0,5 9%.
Y Sultan, Atlas und (Grundriss der Unterleibsbrüche 1001. p. 55,