Objekt: Mein Kriegs-Tagebuch vom 29. Juli bis 1. September 1870

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ertratft, mwelhe Sachen id nun vorfidhtiger Weile meinem Bedienten auflud, 
mid des jchönen Spruches erinnernd: Geld allein macht nicht glücklich, man 
muß au mweldhes befiben, ihn freilich Hier auf Geldezwerth übertragend. 
So waren wir denn wieder einmal zufrieden mit Gott und der Welt; 
feiner dachte oder fprad von Strapazen; nur die Zukunft murde im SGefpräch 
behandelt, alles Andere maren Tempi passati, 
Etwas war aber doch faul im Staate Dänemark. Das war: Nummer 
ins, daß wir zu dreien nur ein Bett Hatten, das mit dem Heften Willen 
für drei Schläfer nicht die gehörige Breite Hatte; dann Nummer Zwei, daß, da 
wir im Toul’8 Nähe, nach des Hauptmanns BVBerficherung ein Neberfall gar 
nicht zu den Unmöglichkeiten gehörte. Meine Nednung mit dem Himmel 
machend, ftieg ih geftiefelt und gefpornt, mie Die andern, in die Stätte der 
Ruhe, in der ih den mittleren Pas einnahm und bald zu ftarf nach vorn, 
bald zu ftark nach Hinten drückte, rejp. gedrückt wurde, fo daß man mid einem 
Schiffe im Sturm gleid umher fhob. »Cest la guerre«, Harafkterijfirt der 
Sranzofe die Heinen und großen Dornen des Soldatenlebens im Krieg, 
Shakejpeare fommt aber fpeziell in diefem Fall der Wirklichkeit noch viel 
näher, da er im „Sturm“ fagt: Misery acquaints a man with strange 
bedfellows. 
17. Anguft, 
Der erwartete Ueberfall mar bis Mitternacht noch nicht in Szene gefeßt. 
Da auf einmal hörte man einen Schlag, al3 — wenn ein Stiefel auf den 
Boden fiele. Nicht lange darauf diejelbe Naturerfcheinung. 
Nun regte fih auch einer meiner SGenofjen und mit Fühnem Sriffe hatte 
or fid des unjdHägbaren Materials entledigt, und begleitet von den bekannten 
Schlägen fielen fie rückwärts des Bettes auf den Boden. 
Schnell fertig ijt die Jugend mit dem Wort, noch {Oneller war Ih in der 
Nachahmung der beiden Vorbilder: 
„E83 flog das Stiefelpaar auS meinen Hünden, 
Sch hatte keine mweiter'n zu verfenden.“ 
Der eingetroffene Befehl am Morgen verkündete einen Rafttag. 
Na, jebt hätte man in Nancy fein follen, aber hier in den Baracfen von 
Baraques hatte die Sache ein etwas LangiweiligeS »air«. 
Arbeit Hatten mir wenig für Heute; diefelbe beftand nur in der Cingra- 
bung eines, an der Straße gefallenen Pferdes, und von fo und fo Viel Meber: 
veften ge[Ölacdhteten ViehS, mas wir in früher Morgenftunde Ion beendigt 
hatten. 
Da die Touler nidht die Gewogenheit hatten, unz nächtliherweife mit 
einem Ueberfall zu beehren, [o richtete [id unjere Kampfluft auf einen noch 
Ihlafenden Kameraden, den wir plöbßlid dur Säbelraffeln und » Vive l’Em- 
pereur« au8 den Armen Morpheus riffen, wobei fi der Angegriffene fit 
Händen und Füßen (fein Säbel mar verftekt) gegen feine Angreifer wehrte, 
mas jedoch weder Blut noch blaue Fleden zur Folge Hatte, da die Fenjterläden 
vor dem UÜeberfall gefhloffen wurden, und fih der Wuth der fämpfenden Theile 
im Dunkeln fein Objekt bot. 
Da Hiemit die Unterhaltung vorläufig erfdhöpft mar, fo nahm ich ein 
Bud zur Hand und fing zu lefen an. Der Frau des Haufes hatte ih, da 
id momentan nur allein in demfelben war, mitgetheilt, daß, Falls Ungehörig- 
feiten vorkommen follten, fie fih.an mid zu wenden Habe, Dieles Spruches 
eingedenf ftürzte fie während meiner Lektüre auf mich 108, und fchrie unter
	        
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