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II. Die Festtage 4
„schönen Vergleichs Leopold Rankes*): „Es ist dem Hans Sachs
nicht genug, in seinem Garten die schönsten und würzigsten
Blumen gepflanzt zu haben: er will auch kräftige Wässer, heil—
same Säfte daraus abziehen zur Stärkung der Geistesschwachen.“
In den Hans Sachsischen Fastnachtspielen lagen die Keime
und Ansätze zu einem volkstümlichen Schauspiel, die leider un—
entwickelt blieben, weil über unser Vaterland das Unglück des
dreißigiährigen Krieges hereinbrach.
Wie aber dankte es dem Hans Sachs seine Zeit, daß
er sich in unermüdlichem Streben um Religion und Sitte, um
Staat und Stadt und Gemeinwohl mühte und in seinen
Dichtungen eine Quelle der vielseitigsten Anregung und edlen
Genusses bot?
Mehrmals kehrt bei Hans Sachs die Klage wieder, daß
er mit seinem Dichten Undank geerntet habe, Neid und Haß,
ja Verachtung. Das war jedoch nicht die allgemeine Stimme.
Wo wäre ein hervorragender Mensch je ohne Widersacher ge—
wesen? Aber es ist eine Sage, der selbst Goethe in seinem
Gedichte zu Ehren des Hans Sachs Vorschub geleistet hat, daß
dieser bei seinen Lebzeiten nicht anerkannt worden wäre. Wohl
wurden ihm nicht lateinische Oden gesungen: das thaten die
Gelehrten unter sich; wohl vergaß man sein Grab: er gehörte
eben nicht zu den Geschlechtern, die ihren Heimgegangenen
kostbare Grabdenkmäler gießen ließen; wohl sagte die Chronik
nichts von ihm: aber mancher ging unbeachtet durch die große
Menge, und dieselbe große Menge lauschte doch seinen Weisen.
So sind auch Beweise genug vorhanden, daß Hans Sachs bei
hoch und niedrig sehr geschätzt wurde. Ich will nicht zu viel
Wert darauf legen, daß die Foliobände großen Herren gewidmet
wurden — das war damalige Sitte, jedes gedruckte Buch
mußte seinen Patronum haben, selbst in geschriebene Bücher
wurden die Namen von begüterten Standesherren eingezeichnet,“
*) Ranke benützte Hans Sachsens Worte in der Vorrede zum
2. Foliobande. Vergl. Tübinger Ausgabe, Band 6, S. 9.