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Lassen nun auch die angeführten Zahlen keine absolute Konstante
arkennen, so bestätigen sie doch einigermafsen das oben Gesagte, und
schon die Vergröfserung des Anziehungsmomentes mit zunehmendem
Volumen beweist, dafs von einer richtigen Voraussetzung ausgegangen ist;
denn mit wachsendem Volumen verringert sich die Anzahl der Teilchen
pro Volumeneinheit, und das Einzelteilchen nimmt dafür mehr Energie auf,
zo dafs das Anziehungsmoment, da trotzdem eine starke Wegvergröfserung
bei Erwärmung eintritt, immerhin gröfser sein darf, als bei Teilchen
kleineren Volumens.
Durch diese Ansicht über das Sieden findet auch die schon lange
‘ür richtig gehaltene Annahme, dafs das Molekularvolumen beim Siedepunkt
lie Summe bestimmter Atomvolumina sei, ihre Erklärung.
Ein dem Siedeprozefs vollkommen ähnlicher Vorgang ist das Schmelzen,
Ja auch dieses durch die Wechselwirkung von Anziehungs- und Bewegungs-
energie bedingt ist.
Für diese Behauptung spricht die Thatsache, dafs der Schmelzpunkt
solcher Körper, die unter Ausdehnung schmelzen, durch Druck erhöht wird,
während er sich erniedrigt, wenn das Schmelzen unter Zusammenziehung
erfolgt; und ferner, dafs auch durch Lösen von Stoffen in einem Lösungs-
mittel dessen Schmelzpunkt erniedrigt wird. Von den vielen anderen
aier einschlägigen, beweiskräftigen Thatsachen sei nur die eine erwähnt,
dafs der Schmelzpunkt der Elemente eine periodische Funktion der Atom-
gewichte ist, und zwar zeigt sich Periodicität in entgegengesetztem Sinne,
als die zwischen Atomgewicht und Atomvolumen bestehende, d. h. je
zröfser das Volumen eines Elementes ist, desto niedriger liegt sein
Schmelzpunkt.
Nach den vorstehend geäufserten Ansichten mufs also ein Festkörper
'm Innern so beschaffen sein, dafs jedes Teilchen eine bestimmte Gleich-
zewichtslage einnimmt, die den Mittelpunkt einer mehr oder weniger
verwickelten Schwingung bildet. Die Dimensionen der Schwingung sind
für die Gleichgewichtslage belanglos und werden nur bei Energiever-
schiebungen unter bestimmten Umständen bemerkbar, nämlich dann, wenn
viele gleiche Dimensionen in einer Richtung aufeinanderfolgen, wie dies
zeispielsweise bei den Krystallen der Fall ist und deren verschieden grofse
Ausdehnungsfähigkeit in verschiedenen Richtungen beim Erwärmen bewirkt*).
Solch eine Gleichgewichtslage kann aber nur durch eine in sich
zurückkehrende Bewegung hervorgerufen werden und letztere ist hinwieder
aur denkbar, wenn das schwingende Teilchen, während der ganzen Dauer
seiner Schwingung, von den umliegenden Teilchen gleichmäfsig angezogen
*) An dieser Stelle soll noch bemerkt werden, dafs der Verfasser dieser Zeilen
eine Arbeit über Krystallisation unter zu Grundelegung von Teilchengravitation bereits
oegonnen hat, und dafs er sich eine weitere Ausgestaltung dieses Gehietes im obigen
Sinne vorbehaält.