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stimmt sei, dass sie nie abgeschlossen werden könne — dies
liess ihn wohl zu jener ablehnenden, Ja feindseligen Kritik der
Fichteschen Philosophie gelangen.
Geschichtsphilosophie.
Die Geschichtsphilosophie Feuerbachs wächst hervor zu-
nächst aus der Betrachtung der Ereignisse seiner Zeit,1) die „in
grell abspringenden Gegensätzen schnellen Wechsels zu einem
„grossen Weltschauspiele“ sich zusammendrängten..‘““ „Nur der
Pöbel steht in müssiger Neugier gaffend vor einer solchen
Bühne. ... Der edlere Geist wird ... das flüchtig Vorüber
eilende in beharrlichen Gedanken festzuhalten suchen. Er weiss
und fühlt, dass der Mensch, wo es der Menschheit gilt, nicht
bloss zum Schauen, sondern zum Handeln berufen ist.“
Ein Weltgeist ist. Dieser kündigt sich an zunächst der
Gegenwart durch die Zeichen, welche den Geist der Zeit er
kennen lassen. Und durch nichts ist grösseres Unheil über Men-
schen und Staaten gebracht worden, als durch ihre Nicht-
beachtung. „Ohne diese Verblendung über die Gegenwart, ohne
diese Täuschungen, womit der Mensch sich selbst belügt, hätte
Karl der Erste sein Haupt nicht auf das Schaffot getragen
und Cromwell nimmer geherrscht, ... wäre Europa nie unter
Frankreichs Herrschaft gefallen.”
Denn „wer seinen Nachkommen die Schuld bezahlen will,
welche sie von seinem Leben fordern, muss vor allem die
Aufgabe verstehen, die er. lösen soll. Dazu ist vonnöten, dass
er den Geist der vor ihm wandelnden Erscheinungen erkenne ...
Aus dem, was geworden und wie es geworden, erkennen wir
das Werdende und dieses sagt uns, was wir handelnd sollen
und dürfen“.
Lehrt nun ‘der Geist der Zeit die Gegenwart erkennen, So
sagt uns die Geschichte die Zukunft vorher. Aber freilich auch
sie spricht weit öfter, „als man sie vernimmt, wird öfter ver
nommen als verstanden, öfter verstanden, als befolgt. Sie, ist
jener Kassandra zu vergleichen, die von Apoll mit der Gabe
der Weissagung zugleich den Fluch dahinnahm, dass niemand.
dem die Wahrheit ihrer Rede galt, zugleich an deren Erfüllung
1) Ueber die Unterdrückung und Wiederbefreiung Europens (1813). Kleine
Schriften S. 2, 3, 5.