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Aufsicht zu nehmen. Mit gewohnter beharrlicher Aufmerksamkeit unter-
zog er sich auch dieser Aufgabe. Nach seiner Auffassung sollte, wie mir
Oberbaudirektor von Pauli brieflich mitteilte, die ganze in einem Tiegel be-
findliche Glasmasse streifenfrei sein und von gleichem Brechungsvermögen.
Mit diesem Ziele vor Augen war er bei jeder Schmelzung ohne Unter-
brechung ein aufmerksamer Beobachter. Und es gelang. Nach seiner münd-
lichen Mitteilung seien der Ursachen des Misslingens mehrere, die aber
nicht alle jedesmal oder in gleicher Aufeinanderfolge‘ auftreten, und jeder
dieser Erscheinungen müsse mit anderen Mitteln entgegengetreten werden.
Sicherheit im Erkennen der Misslingens-Ursachen und im anzuwendenden
Verfahren lasse sich nur vor dem Schmelztiegel selbst erwerben. —
Als es Fraunhofer gelungen war, mit Sicherheit grosse streifenfreie
Glasmassen von Flint- und Crownglas herzustellen, schien sich Guinand für
entbehrlich, zu halten und schied am 20. Dez. 1813 aus dem Geschäfte aus
um wieder nach Brenetz zurückzukehren.
Es mag. hier eingeschaltet werden, dass P. L. Guinand*) später zu
Choisy le Roy bei Paris eine Glasschmelzerei begründete, wo er nach der
von ihm und Fraunhofer gefundenen Methode optisches Glas fabrizierte.
Sein Sohn Aime Guinand baute nach dem im Jahre 1824 erfolgten Tode
seines Vaters zu Brenets einen Schmelzofen für optisches Glas, während
sein Bruder die Fabrik zu Choisy le Roy an Bontemps verkaufte. Die
erstere Fabrik wurde nachmals von Daguet in Freiburg in der Schweiz,
die andere von einem Enkel Guinand’s, Charles Feil, fortgeführt. Durch
Bontemps**) wurde endlich Chanee in Birmingham in die Fabrikation opti-
schen Glases eingeweiht.
Man kann somit mit grosser Berechtigung die Behauptung aufstellen.
dass die ganze heutige Fabrikation des optischen Glases auf den in Bene-
diktbeuern. gemachten Erfahrungen basiert.
Kehren wir wieder zu dem ‚optischen Institute in Benediktbeuern zu-
rück. Bis zum Jahre 1814 war Georg Reichenbach Mitteilhaber dieses Ge-
schäftes. Nachdem dieser aber das mathematisch-mechanische Institut zu
München in alleinigen Besitz übernehmen wollte, schied er am 17. Februar
1814 aus dem optischen Institute aus, welches nun vom 20. Febr. dieses
‚Jahres unter der Firma: ÜUteschneider und Fraunhofer fortgesetzt wurde.
Der Mechaniker R. L. Blochmann verblieb als leitender Techniker des
mechanischen Teiles in Benediktbeuern bis 1818, wo er dann nach Dresden
äls kgl. Inspektor des mathematischen Salons berufen wurde.
Das mathematisch-mechanische Institut zu München, aus welchem auch
Licbhherr ausschied,. nachdem er durch ev. Baader in einen Prioritätsstreit
*) v. Utzschneider’s Erklärung in Betreff der Guinand’schen Glasfabrikation. Poggend.
Annalen 1829, XV. S. 248. Kunst- u. Gewerbebl. XV. 8. 67.
**) Bericht über die allgem. Ausstellung zu Paris 1867 erstattet von den für die
nordd, Staaten ernannten Jurv-Mitgliedern 12 Kl. mathem. und phys. Instr. v. G. Magnus,