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nur auf die rein äußerliche Beschaffenheit des Stoffs und eine noch
äußerlichere Form Gewicht legten. Allerdings sollten auch eine „blinde
Meinung“ oder ein „blindes Wort“ bestraft werden, d. h. wenn der
Sinn eines Satzes unverständlich würde oder ein Wort nicht in den
Sinn des Satzes hinein paßte. Die weitaus meisten Strafen aber
bezogen sich auf die Form. Es soll zwar nicht geleugnet werden, daß
viele der in den Tabulaturen aufgeführten Fehler auch noch heute mit
Recht als Verstöße gegen die Gesetze des sprachlichen Wohlklangs an—
gesehen werden würden. Daß man aber fast allein solche Verstöße
gegen die Form, deren Vermeidung sich eigentlich von selbst hätte ver⸗
stehen sollen, mit Strafen zu bedrohen für nötig fand, zeigt uns, auf
welch öde und geistlose Stümpereien — mit wenigen Ausnahmen —
die ganze Sache schließlich hinauslief. Ein handwerksmäßiger Zwang
überwucherte völlig jede Regung eines selbständigen dichterischen Ge—
fühls, das sich etwa in Form, Sprache und in der Gestaltung des
Stoffs hätte geltend machen können.
Jedes Meisterlied, „Par“ oder „Bar“ genannt, bestand aus zweien
oder mehreren Strophen, die wieder in Stollen, Gegenstollen und Ab—
gesang zerfielen. Die Strophen eines Bars hatten alle den gleichen
Ton, d. h. einen ganz bestimmten Aufbau nach Silben⸗, Verszahl und
Reimverhältnis, wozu noch die im Laufe der Zeit allerdings starken
Veränderungen unterworfene Gesangsweise, die Melodie hinzukam. Die
Töne waren entweder ältere oder neu erfundene. Jene wurden meist
nach irgend einem früheren Singer benannt, sei es, daß sie wirklich
von ihm benützt worden waren, oder ihm nur zugeschrieben wurden,
wie dies namentlich mit den sog. zwölf alten Meistern, einem Frauen—
lob, Regenbogen u. s. w., in deren Namen übrigens keine völlige Über⸗
einstimmung herrschte, der Fall war. Daneben gab es noch allerlei
zum Teil sehr absonderlich klingende Bezeichnungen für die Töne, wie
z. B. der blaue, rote, süße, starke Ton, der Abendton, die Silberweis u. s. w.
Eine besondere Kraftprobe waren der „lange“ oder „überlange“ Ton,
mit bis zu 100 Verszeilen in der Strophe. Es galt für eine besondere
Auszeichnung, einen neuen Ton zu erfinden. Derselbe mußte durchaus
selbsiändig sein, d. h. mit dem „Gemäs oder Gebänd“, mit der Zahl
der Verszeilen und mit den Reimstellungen ja nicht in einen andern, schon
vorhandenen Ton hinübergreifen, wenn er als „bewährt“ eingeschrieben
werden sollte. Hans Sachs hat seine über 4000 Meisterlieder in
etwa 270 Tönen gedichtet, von denen er dreizehn, 3. B. den Rosenton,
die sog. Gesangsweis, die hohe Bergweis u. s. w. selber erfunden hat.
Das Erfinden eines neuen Tons war aber eine rein mechanische Arbeit,
eine verständnislose Reimschusterei.