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Dreiundzwanzigstes Kapitel.
Dreiundzwanzigstes Rapitel.
Aus Hacht zum Licht.
Es war ein trüber Novembermorgen des Jahres 1517.
Dichter Nebel lag auf den Straßen und Plätzen der Stadt
Nürnberg und ließ die Sonne nimmer hindurch.
Meister Dürer saß in seiner Werkstatt und arbeitete mit
dem Stift. Kaiser Maximilian war dies Jahr abermals in
Nürnberg gewesen und hatte den Meister, mit dessen „Ehren—
vforte“ er höchlich zufrieden war, beauftragt, auf dem zweiten
großen Bilde des „Triumphs“ das Hauptstück zu malen, den
Triumphwagen, und zwar nach den Angaben, welche Se. Ma—
jestät selbst gemacht: von sechs Paar Rossen gezogen sollte der
auf das prächtigste geschmückte Wagen auf dem erhöhten Hintersitz
den Kaiser tragen im Krönungsornat mit seiner ersten jugend—
lichen Gemahlin, Maria von Burgund; vor den Majestäten sollte
König Philipp der Schöne sitzen zwischen seiner Schwester und
Gattin, davor seine Söhne, die Erzherzöge Karl und Ferdinand
und ganz vorn deren Schwestern. Dem Herrn Wilibald Pirk—
heimer war der Auftrag geworden, zusammen mit Meister Dürer
diese kaiserlichen Gedanken zur künstlerischen Gestaltung zu brin—
gen, und letzterer war eben dabei, das mit Freund Wilibald
Veränderte aufs Papier zu werfen.
Doch wollte ihm heute die Arbeit nicht recht von der Hand.
Das Licht war so ungünstig, er mußte von seinem gewohnten
Platz hinweg und einen kleinen Tisch nahe ans Fenster rücken,
um besser sehen zu können.
Aber das war's nicht allein, was ihn in seinem Schaffen
störte. In seinem Wesen und Gebaren lag eine merkwürdige
Unruhe. Neben ihm lag ein Büchlein, in das that er von Zeit