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»IIl. Die Festtage 0
Sprache von hoch und nieder geschätzt und geehrt werde, auch
eine volkstümliche Ehrung gebühre.
Die mit stürmischem Beifall aufgenommene Festrede hielt
der Buchhändler und Magistratsrat Hugo Barbeck. Sie hatte
folgenden Wortlaut:
„Geschmückt sind Gassen und Straßen der alten Reichs—
stadt, in festlicher Stimmung wogt der Menschen Menge über
Brücke und Steig. Besetzt sind Fenster und Chörlein mit
feiertäglich geschmückten Frauen und Jungfrauen und der Kinder
Schaar jubelt zu den Gestalten, die im Gewande längst ver—
gangener Zeit zusammeneilen, um in geordneten Reihen uns
des Mittelalters treues Bild zurückzuzaubern!
Altnürnberg feiert einen der bedeutendsten Männer
seiner Vergangenheit, einen Mann, der nicht vom Schicksal auf
hohen Thron berufen ward, um mit der Macht des Herrschers
seinen Namen mit der Geschichte zu verbinden. Es ist kein
Mann, der stets am Borne quellender Wissenschaft studiert
und durch seines Wissens Fülle, durch seine gelehrten Er—
wägungen und Schlüsse im Reiche der Gelehrten als unverlösch—
barer Stern glänzt, kein Kriegsmann dessen Heldenthaten und
Kriegszüge von der Nachwelt besungen werden.
Und doch ist er, der ehrbare Schuster Hans Sachs,
ailles zugleich!
Vom Schustersessel aus, mit Schrift und Wort, beherrschte
er Tausende und Abertausende und führte sie zusammen zu
gemeinsamem Thun; einem großen Reiche, dem Reiche der Auf—
klärung und des Fortschrittzs, wurde er zum Führer. Sein
Lied klang hinaus und sein Wort ward aufgenommen in
weitesten Kreisen wie ein willkommener Königsbefehl.
Nicht im Rahmen eines streng geregelten Bildungsganges
aufwachsend, machte er sich doch zu eigen, was die Wissen⸗
schaft seinerzeit zu Tage fördertel Und das, was Gelehrten—
weisheit ergründete, das übersetzte er in die Sprache des“