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Martin hat gar Schwieriges angefangen und führt es mit
hohem Geiste, von Gott erleuchtet, aus: ich aber stammele
und bin ein Kind, das der Milch bedarf. Lebe wohl,
ehrwürdiger Vater, und verlaß uns nicht im Finstern der
Welt“.6)
In zwei Schreiben, deren letzteres nur erhalten ist,
suchte Wenzel den Angefochtenen zu stärken und zu er—
mutigen. Wie dankbar nahm der Schwachmütige das
Freundeswort an! „Du hast Deinen Untergebenen noch ein—
mal eines Trostschreibens gewürdigt, in Christo verehrungs—
würdiger Vater,“ schreibt ihm Staupitz, „möge Dir mein
Jesus den Dank für die Gunst bezahlen! O daß ich alles
in Deiner Gegenwart thun könnte und unter Deiner Führung
Christo nachlaufen dürfte! Ich antworte unserm Martin,
der, mit Dir eines Sinnes, meinen Kleinmut beschuldigt.
Da Du mir aber Petrus bist und ein anderer Paulus, er—
kenne ich freiwillig meine Schuld an, obgleich ich mit
Worten streiten könnte.“)“ Cincks Mahnung an Staupitz,
standhaft auszuharren und lieber den Kelch des Leidens zu
nehmen, als nachzugeben, hatte der Saghafte nur halb
befolgt. Ein Anathema über Cuther auszusprechen hatte
er verweigert, aber sich selbst dem Richterstuhle des Papstes
ausgeliefert, — eine Konzession, die, wachsweich, die Kurie,
wie Cuther und Linck mit Recht fürchteten, gar anders
formen würde.!s) Und Luther forderte einen Widerruf
dieses Zugeständnisses von Staupitz, in dem er mit Schmerzen
nicht mehr den Verkündiger der Gnade und des Kreuzes
wiedererkannte.!“) Die Kurie mochte solchen Schritt vor—
aussehen, sie verzichtete wohlweislich auf eine genauere und
weitgehendere Erklärung des im Herzen entschiedenen Cuthe⸗
raners und benutzte dessen eigene Energielosigkeit, die vor