Wohlfahrtspflege
iblichen Prämiierung besonders tüchtiger Kostfrauen wurden 50 Frauen mit je 10
und einem Diplom ausgezeichnet. —
Im Laufe des Berichtsjahres sind nach und nach 4 weitere berufsmäßige
Waisenpflegerinnen zur pflegerischen Überwachung der über 6 Fahre alten Kinder
und Mündel eingestellt worden. Es wurden 5 Wa isenpflegerinnen b e zi J e ge⸗
zildet, deren Grenzen im allgemeinen mit denen der Mutterberatungsstellen übereinstimmen.
Die Waisenpflegerinnen üben persönliche Fürsorge mannigfacher Art für die Mündel des Be—
ufsvormundes aus, insbesondere durch Hausbesuche, Besuche beim Lehrer, Dienstherrn, bei
Bereinen und Amtsstellen, durch Vorstellung der Kinder in der Berufsberatung, Vermittlung
von Erholungsaufenthalt, Konfirmandenkleidern, Lehrstellen, Lesestoff usp. Sie arbeiteten
im Sinne der Familienfürsorge und suchten in Fällen, wo auch andere Wohlfahrtsorgane (3. B.
Polizeipflegerin, Jugendfürsorgerin, Tuͤberkulosenfürsorge) tätig wurden, stets eine Verständi—
gung und womöglich die Übernahme des Falles in e in e Hand herbeizuführen. Zur Förderung der
Familienfürsorge wurde jede Waisenpflegerin zugleich auch zur e hrenam tlichen Armen—
oflegerin in ihrem Waisenpflegebezirk bestellt. Am Schlusse des Berichtsjahres hatten
die Waisenpflegerinnen gegen 900 laufende Fälle zu betreuen; daneben wurden sie wiederholt
in Einzelfällen tätig, bei auswärts oder in Anstalten untergebrachten Mündeln, in Angelegen—
heiten des Gemeindewaisenrates usw. In einzelnen Fällen wurden sie durch die ehrenamtlichen
Helfer innen im Dienste der Stadt Nürnberg unterstützt. Die Zahl der Hausbesuche und sonstigen
vänge stieg von ca. 120 im Monat Juni 1920 auf 519 im Monat März 1921. Dabei ist zu berück⸗
ichtigen, daß die einzelnen Fälle infolge der steigenden materiellen Not (Kleider-, Betten⸗,
Wohnungsnot) und der zunehmenden Berwahrlosung der Jugend mehr Arbeit machen als
rüher, daß es sich verhältnismäßig oft um erstmalige Ermittlungen handelte und daß die Waisen⸗
pflegerinnen wöchentlich etwa 12 Tage mit Sprechstunden und schriftlichen Arbeiten im Amt
beschäftigt waren, eine Waisenpflegerin zuletzt sogar fast ständig mit dem Kostkinderwesen zu
tun hatte. In den letzten Monaten fanden regelmäßig Dienstbesprechungen der Waisen⸗
oflegerinnen mit der Leiterin der Pflegeabteilung statt. Von der Kinderhilfe wurde der Berufs—
bormundschaft aus einer schwedischen Spende ein Betrag von 2000 überwiesen, der zur Ge—
währung von Unterstützungen in besonderen Notfällen dienen soll. Für die Einrichtung einer
Adoptionsvermittlungsstelle wurden Vorarbeiten gemacht.
Die Rechtsauskunftsstelle für Schwangere wurde erst im Februar
19021 eingerichtet und hatte daher im Berichtsjahre noch keinen starken Besuch zu verzeichnen.
Es kamen übrigens nicht nur Schwangere, sondern auch andere Frauen, die Rat in familien—
rechtlichen Angelegenheiten (Unterhaltsansprüche der Kinder gegen den geschiedenen Ehemann,
Anfechtung der Ehelichkeit usw.)wünschten.
Zu Anfang des Geschäftsjahres trat die Neueinteilung der Waisenratsbezirke
in Kraft. Im Herbst des Jahres 1020 stellten die Waisenräte wegen Berweigerung der Straßen⸗
bahnfreiheit vorübergehend ihre Tätigkeit ein, während welcher Zeit sie von den beruflichen
Waisenpflegerinnen vertreten wurden. Zu Ende des Berichtsjahres wurde ein Austausch der
Waisenratsbezirke vorgenommen. um den einzelnen Waisenräten allzuweite Dienstwege zu
ersparen.
Die Gewinnung geeigneter Bormünder machte nach wie vor Schwierigkeiten.
Zur Erleichterung dieser Aufgabe wurden den Waisenräten Auszüge aus der Schöffenliste zur
Verfügung gestellt. Borübergehend wurde der Versuch gemacht, bei Ersuchen der Gerichte
um Vorschläge von Vormündern für uneheliche Kinder auch den Berufsvormund als Samme *
vormund vorzuschlagen, welches Verfahren aber zufolge der vom Amtsgericht hiergegen er—
hobenen Bedenken wieder fallen gelassen werden mußte.