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VI. Gewerbe und Handel.
9. uns noch zu Gebote stehende Raum nötigt uns, hier in allge—
meinen Umrissen Fürths Gewerbe und Handel darzustellen, da—
gegen werden wir in einer eigenen Brochüre diesen Abschnitt, so ausführ—
lich und vollständig dies nur immer möglich ist, schildern.
Eng verbunden mit der Geschichte unserer Stadt gelangt Handel
und Gewerbe erst nach dem dreißigjährigen Krieg zu einiger Bedeutung
und nahm mehr und mehr an Umfang und Bedeutung zu. In Fürth
herrschte damals eine Art Gewerbefreiheit, indem es jedem unbenommen
ward, zu hantieren und zu treiben, was er wollte, ohne deshalb einer
Strafe zu verfallen. Dem strengzünftigen Handwerker erschien freilich diese
Gewerbefreiheit als Zügellosigkeit. In Nürnberg wurden daher die Fürther
Gewerbsgenossen sehr gering geachtet und Pfuscher geheißen. Kein Nürn—
berger Meister nahm einen in Fürth ausgelernten Gesellen an, wenn er
nicht zuvor „gewaschen d. i. ehrlich gemacht wurde.“ Die Fürther übten
deshalb Vergeltungsrecht und machten es ebenso mit den Nürnberger Ge—
sellen. Manche Gewerbe wurden in Fürth in einer Weise getrieben, wie
dies mit der strengeren Zunfteinrichtung in Widerspruch stand, namentlich
war dies bei der Beteiligung von Weib und Kind an der Arbeit der Fall.
Die in Nürnberg ausgewiesenen oder nicht angenommenen Arbeiter
etzten sich in Fürth fest, wo sie ohne Prüfung und ohne Zeugnisse aufge—
ommen wurden, so wurde mancher Geschaͤftszweig, welcher vorher in
Nürnberg betrieben wurde, in Fürth eingebürgert. Die Fürther konnten
die Arbeiten bedeutend billiger liefern, weil sie billigere Arbeitskräfte (Weiber,
Kinder, Taglöhner), wohlfeilere Viktualienpreise, geringere Abgaben als die
Nürnberger befaßen. Durch den S. 203 schon erwähnten Exetutionsprozeß
wurde der Domprobstei das Recht, Handwerker (Zünfte) zu errichten, ein—
geräumt. Doch opponierte die Fürther Gemeinde im vorigen Jahrhundert
fehr oft, so 1756, gegen die Errichtung eines Handwerkes oder einer Zunft,
weil dies der Freiheit des Gewerbes widerspreche, die Freiheit des Ein—
zelnen, zu treiben, was er wolle, beschränke.
Im vierzehnten Jahrhundert finden wir schon eine Papier-und
Schleifmühle, welche jedoch 1649 in eine Getreidemühle umgebaut