Volltext: Mein Kriegs-Tagebuch vom 29. Juli bis 1. September 1870

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bon Kampfluft, mit Ungeduld Den Moment Herbeimünfchend, der uns den 
Gegner vor Augen führt, kam der innere moralijdhe Halt zur Geltung, der 
in dem Maße ftärkend und Fräftigend auf die Truppen wirkte, daß der Brozent- 
ja der Kranken der hefriedbigendijte genannt werden Komnute. 
Sn aller Frühe murden die theilweife f(Hadhaft gewordenen Patronen bei 
einer hinter ung liegenden Munitionskolonne gegen andere umgetaufdht, was auf 
etwas Bejonderes Hinzudeuten fchien. 
Die Heine Fefjtung Marjal Iag un allerdings nah; f[ollten wir hier den 
erften Strauß beftehen dürfen? Wir mwußten e8 nicht mit Sicherheit, aber die 
Wahr{heinlichkeit lag nidht fehr fern. Auch Hatte ih einmal von einer Mofel- 
finie gelefen und die Konnte au nicht mehr fern fein, denn wir Hatten nur 
noch ungefähr 12 Stunden bis Iancy. 
& dauerte aud) gar nicht lange, fo Hörten wir Manonendonmnuer, den uns 
unfre Marfdhridhtung immer näher brachte, 
Heute erhielten wir auch wieder eine Poft, die in den lebten Tagen aus: 
geblieben mar und die num die ihr Übergebenen Scripturen in reidhem Maße 
den betr. Adrefjaten zukommen ließ. Ach, wie wohl that in foldhen Tagen eine 
Zeitung, demn wir fahen und Hörten ja nur das, was in unferer nächften Nähe 
fich zutrug. Die Begebenheiten vor Meg und Straßburg, vor Bitfch, Lübel- 
[tein 20. waren un8 jpanifche Dörfer, ein Neberblif über das Ganze war nur 
durch die zeitungsSbefördernde Thütigkeit der Feldpoft zu erlangen. Die Briefe 
wurden Haftig erbrodhen und gelefen, und mit neidijdhem Blit jah der, dem 
niht3 zugefandt war, die freudetrunkenen Augen der Beglückten. 
Das Feuern war noch Hörbar. Vielleicht follte die Maft, die wir in der 
Nähe von Dienze Hielten, unfjere lebte fein vor dem Kampf. Darum fHnell 
noch einige Zeilen hHeimmwärts, weg mit allen Orübeleien, deun es heißt ja: 
Schön ift’3 unter freiem Himmel 
Stürzen in das Schladtgetümmel 2C. 
Der freie Himmel mar wohl da; das Schlahtgetümmel glänzte wieder 
durch feine Abwefenheit, 
Um eine Hoffnung ärmer zogen mir durch Dieuze, defjen Einwohner un- 
begreiflichermweife an die durhziehenden Truppen Brod und Wein verjhHenkten. 
Wie weit wollen denn die Franzojen eigentlidh davon laufen, dachte ic 
mir; ob fie bier ober irgendivo ander ihre Abichlagszahlung in Empfang 
nähmen, das wäre doch ganz einerlei. 
Vogefenlinie, Mojellinie, Ihon bald überranut, wo wird jebt die nächfte 
jein, die mir zu überrennen Haben werden? Will denn Mac: Mahon fih etwa 
auf die Pyrenäenlinie zurückziehen oder uns nach Frankreich Hineinloken und 
mit Siebenmeilenftiefeln nad) Cherbourg eilend, fih dort einfhiffen, nad Deut: 
{and fahren und unz im Rüden paden? So wirbelte c8 in meinen Gedanken 
bunt durcheinander. Die Hike war aber au gar zu arg und der Marlch 
quer über Felder und Wiefjen ein Höchjit anftrengender, und als wir endlich 
in die Nähe Marfals kamen, Fapitulirte dasjelbe vor unferer Rafe. 
Zunäcdhit marfdhirten mir wieder auf die nach Nancy führenden Haupt- 
jtraße, fhwisten, Leuchten, fOluckten mehr Staub ein als gerade erforderlich 
war, und fahen mit Ungeduld unferem heutigen Ziele entgegen. Doch lag 
dasielbe noch eine qute Strecke entfernt. — € mar Vic, das uns Heute in 
jeiner Nähe beherbergen follte und dem Neft, das un8 Keinen Schritt entge: 
genfanı, murde diefe Unfchicklihkeit fehr bemerkt. 
As e8 gar nicht mehr gehen wollte, mußte die Mufik auf die Gemüther 
(tärfend einwirken, und dabei wurde der etwas phrafenhafte Ausdruck Zjhokfes
	        
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