Objekt: 1828-1833 (1. Band)

Frostschauder. 
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gehört hatte von dem Findling zu sprechen“ (Giehrl), sondern er 
besiegelte blutig „das an ihm verübte furchtbare Verbrechen.“ 
Jetzt ging die Geschäftigkeit der gläubigen Hauserianer erst recht 
los! Binder erließ am 19. Oktober wieder eine Bekanntmachung 
und behauptete, obgleich wieder kein Schatten eines Beweises vorlag, 
daß „an unserm aus öffentlichen Blättern bekannten merkwürdigen 
Findling Kaspar Hauser mit der größten Verwegenheit ein 
Meuchelmord versucht wurde.“ 
Nach dieser offiziellen Anerkennung seines gelungenen Streichs 
retouchierte Kaspar sein Schauergemälde immer von neuem. Jetzt 
erst behauptete er, er hätte von dem Mordanfall eine Ahnung 
gehabt. Nun kann allerdings einer, der etwas im Schilde führt, 
sehr billig vorher „eine Ahnung“ davon haben. In diesem Falle 
aber gesteht Daumer selbst, daß „Hauser sich erst nach dem Falle 
mit Bestimmtheit äußerte, weil er — verlacht zu werden fürchtete. 
Hausers nach dem Mordversuch gemachten bestimmten Angaben 
zufolge fing die Ahnung am Montag und Dienstag vor dem Sonn⸗ 
abend, an welchem die That geschah, sich zu regen an und trat am 
Mitiwoch mit voller Bestimmtheit ein. Es befiel ihn des Morgens 
Angst und Frostschauder, mit der Vorstellung verbunden, es werde 
jemand kommen und ihn umbringen. Dieses Gefühl hatte er die 
vier Tage lang bis zur Begebenheit, und wenn es ihn verließ, so 
kam es doch nach einer halben oder ganzen Stunde wieder. Wenn 
er allein im Zimmer war, so kam es ihm vor, als sei ein (unbe— 
stimmter) Mann darin, auf der Straße, als gehe ihm ein Mann 
nach, nach welchem er sich auch umsah. Am Sonnabend vormittags 
vor der That war das Gefühl am stärksten. Es befiel ihn mitten 
auf dem Markte unter vielen Menschen mit Frostschauder und Vor— 
stellung von Ermordung, die heute oder morgen an ihm geschehen 
werde, so daß er seine Begleiterin, eine Person meines Hauses, ohne 
ihr jedoch einen Grund zu nennen, antrieb nach Hause zu gehen. 
Er hatte bestimmt die Vorstellung von Erschlagenwerden (nicht z. B. 
von Erstochenwerden). Die Vorstellung, daß er in seiner Wohnung 
ermordet werden sollte, hatte er nicht, er fühlte nur im allgemeinen 
Angst vor Ermordung. Bis zum Sonnabend ward es mit jedem
	        
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