Volltext: Die reichsstädtische Haushaltung Nürnbergs (2. Band)

894 Sechster Teil. Ergebnisse und Entwicklung von 1377 bis 1794. 
sätzlich jede Stadt, die sich zu einem Gegenseitigkeitsvertrage bereit 
fand. 
{m Laufe des sechzehnten Jahrhunderts läfst sich nun aber eine voll- 
ständige Umgestaltung des Patriziats beobachten. Schon Scheurl erwähnt 
im Jahre 1517 die Bestimmung, dafs wer zum Losunger gewählt werde, 
jeder kaufmännischen Thätigkeit entsagen müsse. Hierdurch sollte wohl 
verhütet werden, dafs öffentliche Gelder durch private Spekulationen ge- 
fährdet wurden, wie es zur Zeit Niklas Muffels geschehen war. Galt aber 
die Beteiligung am Gewerbsleben erst einmal für die angesehensten Mit- 
glieder des Rates als unschicklich, so lag die Gefahr nahe, dafs sich nach 
und nach die Meinung herausbildete, sie sei überhaupt nicht standes- 
gemäls. Dazu kam, dafs die Geschäfte des Rats beständig zunahmen, 
sodals in der That demjenigen, der sich ihnen mit Eifer widmete, je länger 
je weniger Zeit zu anderen Dingen übrig blieb. Und endlich liefs die 
wachsende Bedeutung ‚des römischen Rechts und der gerade in Nürnberg 
rege gewordene Sinn für humanistische Gelehrsamkeit eine wissenschaft- 
liche Vorbildung der am Regiment beteiligten Männer immer wünschens- 
werter erscheinen. Wer aber eine solche zu erlangen trachtete, mufste 
seine Lehrjahre statt in Handelskontoren auf Universitäten zubringen, und 
da natürlich jeder Vater seinen Sohn für den Wettbewerb um die höchsten 
Ehren so gut als möglich auszurüsten strebte, lielfs er ihm, wenn irgend 
möglich, eine akademische Erziehung angedeihen. Dadurch wurden die 
shrbaren Geschlechter dem Handel und der Kaufmannschaft mehr und 
mehr entfremdet, bis sie es endlich schlechterdings für unvereinbar mit 
ihrer Würde hielten, dafs auch nur ein einziger ihrer Angehörigen sich 
am KErwerbsleben beteiligte. Nun legten sie, um ihre materielle Zukunft 
zu sichern, ihr Vermögen immer ausschliefslicher in Grundrenten an, und 
da ihnen diese zwar eine feste Verzinsung gewährleisteten, aber selbst bei 
grofsem Reichtum eine rasche Vermehrung des Kapitals ausschlossen, so 
ging dem Patriziat seine wirtschaftlich überragende Stellung je länger je 
mehr verloren. Sie war früher für die Ratsfähigkeit der einzelnen Familien 
in erster Linie mafsgebend gewesen. Jetzt galten als „ehrbar“ diejenigen Ge- 
schlechter, die bei Beginn der neuen Entwicklung zufällig im Besitze der po- 
litischen Gewalt gewesen waren‘). Die Geschicke der Stadt lagen also nicht 
mehrin den Händen einer herrschenden Klasse, sondern einer regierenden Clique. 
Als Abschlufs dieser Entwicklung kann gewissermafsen die Begründung 
der Universität Altdorf gelten. Sie war bestimmt, dem jetzt vielfach aufs 
1) Neuaufnahmen in das Patriziat fanden nur noch statt 1729 und 1788. Sie 
waren veranlafst durch das Aussterben älterer Geschlechter und erstreckten sich im 
ganzen auf neun Familien.
	        
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