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und Oekonomieräume unter Einem Dache, womöglich auf einem
abgeschlossenen Grundbesitze oder in geräumig angelegten
Dörfern, die einzelnen Gehöfte durch Haus- und Baumgärteu
von einander geschieden. Der Franke dagegen liebte in enger
geschlossenen Orten zu wohnen und für die Einzelnzwecke eigene
Gebäude zu errichten; das Wohnhaus steht mit der Giebelseıte
an der Strasse und ragt das obere Stockwerk über das untere
hinaus.
Für die ländlichen Bauten lassen sich drei Perioden unter-
scheiden: Die erste Periode umfasst das Mittelalter und schliesst
mit dem dreissigjährigen Kriege ab; aus dieser Zeit sind nur
mehr wenige Gebäude in den abgelegenen Gegenden vorhanden.
Die zweite Periode umfasst die Zeit nach dem dreissigjährigen
Kriege bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Dieser Periode
entstammen die meisten der ländlichen Gebäude. Die dritte
Periode reicht bis auf heute; in ihr wurden unter dem Schutze
von geordneten Rechtsverhältnissen und bei der verbesserten
Wirthschaftslage zweckmässiger und schöner angelegte Gehöfte
arrichtet.
Die aus früheren Bauperioden noch vorhandenen, eigenartigen
Gebäude verschwinden immer mehr. Sie wenigstens im Bilde
der Nachwelt zu erhalten, dürfte in der Aufgabe aller Jener
liegen, welchen Gelegenheit geboten ist, derartige Gebäude auf-
zufinden. — Die im äusseren Dienste der kgl. Brandversicherungs-
kammer stehenden kgl. Brandversicherungsinspektoren und deren
technische Gehilfen haben in 15jährigem Turnus alle versicherten
Gebäude ihres Bezirkes auf den Bauwerth zu prüfen, kommen
in Folge dieser Aufgabe in alle Gegenden und sehen alle Ge-
bäude. — Mit Rücksicht hierauf und um die alten, eigenartigen
Gebäude im Bilde festzuhalten, wurden schon im Jahre 1881
die kgl. Brandversicherungsinspektoren und deren Gehilfen ver-
anlasst, von alten Wohn- und Wirthschaftsgebäuden Pläne her-
zustellen und diese Pläue der kgl. Brandversicherungskammer
vorzulegen. Die Sammlung wird fortgesetzt und auf diese Weise
dürfte auch die kgl. Brandversicherungskammer Einiges beitragen
zur Kenntniss der kulturgeschichtlichen Entwickelung der bayer-
ischen Volksstämme.