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keiten beider Tabernakel mit kritischem Auge zu betrachten. Da in Ulm
ein Buͤchsenmacher Ulrich Krafft, der vielleicht der Zeit nach der Vater
unseres Adam sein könnte, lebte, galt es für sicher: Adam Krafft arbeitete
in Ulm und ist der Meister des Tabernakels!
Beim ersten Anblick fällt die Vorliebe für ein ungemein feines Maß⸗
werk, zierliche Baldachine und Kreuzblumen auf, die bis in die kleinsten
Details in mathematischer Strenge meisterhaft vollendet sind und dem
ganzen Bau ein architektonisch-ornamentales Gepräge geben. Während
das Tabernakel Kraffts entschieden auf die plastische Ausschmückung
durch Reliefs und Rundfiguren den Hauptaccent legt, treten hier die
sparsam verwendeten plastischen Gestalten bescheiden zurück und haben
mehr einen dekorativen Charakter, wie die Figuren an den Kirchen⸗
portalen, die nach Vollendung oft von anderer Hand den figürlichen
Schmuck erhalten. Deshalb könnte man an einen Architekten und Bau—
meister, der die mittelalterlichen Dome mit Maßwerk und Streben ver—
ziert und die Fassaden entwirft, als den Schöpfer des Ulmer Sakra—
mentshäuschens denken. Ein Adam Krafft, wie wir ihn kennen, hätte
sicher so nicht gebaut. Gegen ihn sprechen auch besonders die ange⸗
brachten Figuren, die sowohl in der Gewandung, welche auf einen vor⸗
wiegend in Holz arbeitenden Künstler deuten könnte, wie in der Be—
— DDDDD— sehe
sich darauf hin einmal die Gestalten am Geländer an (Tafel V, 9, 10).
In der erwähnten Privatrechnung des Patriziers Nythart will
Haßler beim Jahre 1462 die Erwähnung eines „maister von Wyn⸗
garten“ gefunden haben, der mit der Verfertigung des Werkes beauf⸗
tragt war und für eine zweimalige Herreise 7fl. erhielt. Leider giebt
Haßler den Wortlaut dieser wichtigen Stelle nicht an, noch nennt er
den Ort, wo sich die Rechnung befindet, so daß seine Behauptung nicht
zeprüft werden kann.
Vielleicht ließe sich nach einer Urkunde in den Ulmer Hüttenbüchern,
nach welcher 1468 der Pfleger Mang Krafft, Konrad Vitterlin und
Thomas Wirttemberg mit „meister Jörgen“ von wegen der Bildwerke
3 großer und 10 kleiner) übereinkommen und ihm darum 32 fl. geben
wollen,) Jörg Syrlin d. ä., dessen Gestalten solches Gepräge besitzen,
und dem man schon immer den ganzen Kunstbau zuzuschreiben
geneigt war, als Bildhaner und Schöpfer der Figuren vermuten:
s 1469 ist Meister Jörgen bezahlt worden.