Volltext: Erhart Groß: Schriften – Nürnberg, STN, Cent. VIII, 16

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müssen! Doch noch wollen wir sie nicht schimpfen; den meisten ists 
mit Hans Sachsen wohl wie mir gegangen, — ‘sie haben ihn nicht 
gekannt, nie gelesen, nie gesehen. Aber Wahrheit muss doch endlich 
einmal durchbrechen: in weniger als 4 Monaten a dato soll keine 
Seele, die Gefühl und Sinn für Natur, und Empfänglichkeit für den 
Zauber des Dichtergeists hat, in Teutschland seyn, die Hans Sachsens 
Nahmen nicht mit Ehrfurcht und Liebe aussprechen soll.“ * Aus 
diesem Briefe geht hervor, daß Wieland erst etwa seit dem Februar 
oder vielleicht seit dem, Januar .1776 (Brief an Merck, 26. 1. 1776)® 
Hans Sachs wirklich kannte: er wird sich diese Kenntnis in Bertuchs 
Bibliothek angeeignet haben. 
In jenen Tagen, da Wieland so begeistert über Hans Sachs 
schrieb, arbeitete Goethe sein schönstes Denkmal aus, das er dem 
Meistersänger gesetzt hat, die „Erklärung eines alten Holzschnittes, vor- 
stellend Hans Sachsens poetische Sendung“. Am 24. März reiste 
Goethe von Weimar nach Leipzig, wo er am 25. März ankam. 
Unterwegs entschleierte sich ihm das Bild der poetischen Sendung 
und er: begann es auf einem Pappendeckel festzuhalten.® Am 
27. April meldet das Tagebuch: „H. Sachs fertig“.* Goethe hat in 
diesem Gedichte den Hans Sachsischen Ton im ganzen wie im ein- 
zelnen äußerst glücklich getroffen. Wie weiland Meister Sachs zu 
Holzschnitten Reime verfertigt hatte, so versetzt sich jetzt Goethe 
in eine gleiche Lage. Das Hans Sachsische Versmaß, die gelegentlich 
mit Archaismen durchsetzte Sprache, die Einführung Hans Sachsischer 
Figuren und Bilder, das alles gibt zusammen einen guten Klang, 
der mit dem wuchtigen Schlußakkord endet: 
„In Froschpfuhl all das Volk verbannt, 
Das seinen Meister je verkannt.“ 
Das war eine Äußerung im Stile des „Götz von Berlichingen“. 
den Goethe wenige Jahre vorher mit den Worten geschlossen hatte : 
Wehe der Nachkommenschaft. die dich verkennt“ “ Man könnte 
1 Vgl. Ludwig Hirzel, Miscellen, in Schnoris Archiv. 3 (1880), S. 428, 
23 Siehe unten 8. 187 und Anm. 1. 
3 W. von Biedermann, Goethe und Leipzig, Leipzig, 1865, S. 65. 
1 Goethes Werke (Weimar), IIL Abt., 1. Bd., S. 11. 
5 J. Minor und A. Sauer, Studien zur Goethe - Philologie, Wien, 
1880, S. 159. Die Hinweise auf Hans Sachs und Goethes Gedicht, die 
Lichtenberger (Götz von Berlichingen. Paris. 1885, S. 4 und 47) gibt,
	        
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