Objekt: Das Hans Sachsfest in Nürnberg am 4. und 5. November 1894

—O II. Die Festtage 4— 
„der Universität zu hören bekam. Und ebenso später, als Hans 
Sachs in den Kampf um die Sache der Reformation mit 
leidenschaftlichem Eifer eingriff, da blickten die Ingolstädter 
Gelehrten, wenn sie überhaupt auf den schriftstellernden Schuster 
aufmerksam wurden, sicherlich nur mit großem Aerger auf seine 
ketzerischen und satirischen Sätze herab. Aber diese Schroffheit 
der konfessionellen und der sozialen Gegensätze besteht heute 
nicht mehr. Nicht mehr Vorkämpferinnen einer bestimmten 
Partei, sondern Streiterinnen für die Wahrheit, wo immer sie 
auch zu finden sein mag, wollen heute die Universitäten sein 
und darum das geschichtliche Verdienst würdigen, in welcher 
religiösen Gemeinde und in welchem Stande auch immer es 
auftreten mochte. Und so ist für uns, und für unsere Hoch— 
schulen nicht am wenigsten, Hans Sachs heute eine geschichtliche 
Persönlichkeit von allerhöchster Bedeutung, der größte deutsche 
Volksdichter nicht nur seiner Zeit, sondern aller Zeiten, ja in 
seiner Art wohl der größte Volksdichter aller Literaturen. Wie 
kein anderer seiner Zeitgenossen verköppert Hans Sachs in 
seinem Dichten das gesamte Denken und Empfinden des deutschen 
Volks im sechzehnten Jahrhundert, spiegelt er die gesamte innere 
und äußere Geschichte seiner Zeit im Geist und Geschmack und 
ebenso zu Nutz und Lehr' seines Volkes ab. Nannte er sich 
selbst auch einen ungelehrten Mann, so war er doch ein un— 
endlich unterrichteter Mann, der in allen Wissenschaften der 
verschiedensten Fakultäten sich umgethan hatte: er verecinigte 
in sich selbst eine ganze universitas literarum. Und so hat 
er auch auf das mannigfaltigste anregend und belehrend auf 
Geist und Herz des deutschen Volkes eingewirkt wie kein noch 
so gelehrter Forscher jemals in alter und neuer Zeit. Und 
zumal dem Mittelstande, dem deutschen Bürgertum, kam dieser 
Unterricht zu gute, dem Bürgertum, aus dem hernach fast aus— 
nahmslos die Denker und die Forscher unserer Hochschulen her— 
vorgingen. Gerade ihm, dem volkstümlichen Dichter, der Wahr— 
heit und Tugend in herzlicher Weise überall verkündete, der“
	        
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