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Kaspar von Wessenig.
hör war abgethan. Kaspars Mörder') war niemand anderes, als
derselbe, der ihn als Kind in seine Hände bekommen, ihn lieb ge⸗
wonnen und bedauert hat (der oben S. 394 Schurke heißt, auf
dieser Blattseite aber sogar „ein gutes Herz und Gewissen besitzt“!)
.. Er benutzte eine gute Gelegenheit und gab ihn der Welt zurück.
Daß Kaspar nicht angenommen und in polizeiliche Hände fallen
werde, dies hatte er nicht geglaubt. Der Lord äußerte sich hierüber
wie folgt: Es fehlte wenig daran, daß der damalige Rittmeister,
jetzt Major v. W., den ich persönlich kenne, und der mir sehr freund—
lich und gutmütig zu sein scheint, den armen Jüngling zu sich ge—
nommen hätte. Dies wäre auch der gescheideste Gedanke gewesen;
es hat ja niemand gesagt, daß der Knabe ihm gehöre, und seine
Frau Gemahlin, welche eine stille, gutmütige Dame ist, würde auch
geschwiegen haben, indem sie manches Unrecht ertragen muß. Auf
diese Art wäre das erste Verbrechen wieder gut gemacht und das
zweite verhindert worden. . . . Kaspars Mörder war ohne Zweifel
beritten, denn er hatte Stiefel und Sporen. Der Herr Rat Schmidt
von Lübeck hat richtig geurteilt, daß der unbekannte Mann vormals
eine Militärperson gewesen sei . .. denn dieser Mann hat in srüheren
Jahren wirklich bei der Kavallerie gedient. . . . Nach Mißlungen
des ersten Mordversuchs hat man die Seitung der «tche
dem Lord Stanhope übergeben; als dieser aber mi
seinen Plänen nichts ausrichten konnte, wurde der Lord allem Ven
muten nach veranlaßt, denselben aufzusuchen, und ihm aufs neue den
Auftrag zu Kaspars Ermordung zu geben.“
Mehr als eine nackte Darstellung des widerwärtigen Inhalts
dieses zugleich verrückten und verruchten Elaborats wird kein Leser
verlangen. Zu umgehen war die Aufgabe leider auch nicht, denn
es handelt sich um die Apokalypse der kanonischen Bücher der Hauser—
1) Nach den Akten ist Georg Demmermayer aus Entrischenbrunn (K. b.
Landgericht Entrischenbrunn) gemeint. Er war 1813-416 beim Militär. Die
„Gräfin“ wollte von einem Herrn Ertl erfahren haben, daß dieser G. D. den
Kaspar Hauser gefangen gehalten und nach Nürnberg gebracht hätte. Sie bezich—
tete ihn 1837 auch gerichtlich des Mordes, es konnte aber ein vollftändiaes Alibi
aachgewiesen werden.