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Die Prinzessin war mit der Zeit, namentlich wohl
auch unter dem Einfluß der Mutterfreuden eine ganz andere
geworden. Sie hatte sich frei gemacht von Eitelkeit und
Oberflächlichkeit, sie hatte ein volles Verständniß für ihre
Pflichten erlangt. Sie war zur Einsicht gekommen, daß
sie nicht einzig und allein dazu geschaffen wäre, bei festlichen
Gelegenheiten zu glänzen, schöne Kleider, schöne Hüte und
schöne Juwelen zu haben, ihren Launen nachzugehen und
den Gemahl zu verleugnen: sie war sich klar geworden,
daß es auf der Welt, sogar für eine Prinzessin, heilige
Pflichten giebt. In ihrem Wesen kam immer mehr Erust
zur Geltung, sie fühlte sich selber zum Nachdenken aufge—
fordert. Weit entfernt, ihrer Schönheit zu schaden, verlieh
dieser Ernst, dieser geistige Aufschwung ihren Zügen einen
Ausdruck, der ihnen ganz vortrefflich stand.) Ihre Büste
hatte sich schön entwickelt und ihrer ganzen Haltung etwas
majestätisches gegeben: es war von dem Wildfange des
Campan'schen Institutes Nichts mehr übrig, als die Grazie
und der Zauber blühender Jugend.
Ach! diese arme Fürstin — es ist oft so der Welt
Lauf, auch bei anderen Sterblichen — hatte sich nur ver—
vollkommnet, um den Kummer böser Zeiten empfindlicher zu
*) Anmerkung des Uebersetzers: Rahel Lewin, welche in
Karlsruhe, wo ihr Gatte Varnhagen als Geschäftsträger Preußens
fungirte, die nunmehrige Großherzogin kennen lernte, bedenkt dieselbe mit
folgendem Ausspruch: „Der einzige metaphysische Kopf, den ich je
unter Weibern kennen gelernt habe — unter allen Umständen zum
denken aufgelegt und fähig!“
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