— 704 —
1—
3
wie das Tagebuch seiner niederländischen Reise ausweist, ein guter Haus—
halter — aber wohl nur mit Unrecht den bösen Ruf einer geizigen
Xanthippe verdient, den ihr Pirkheimer, Dürers Freund verschafft hat,
der in seinem berühmten Schreiben an den Wiener Baumeister Tscherte
behauptet, daß sie durch unersättliche Habgier und keifende Zanksucht ihren
Mann vor der Zeit ins Grab gebracht habe. Die sonstigen — allerdings
nur sehr wenigen — uns erhaltenen Zeugnisse lassen auf ein durchaus
verträgliches Familienleben der beiden Gatten schließen. Die Ehe blieb
ohne Kinder. Dürer wohnte anfangs mit seiner jungen Frau nicht,
wie es damals gewöhnlich war, bei seinen Schwiegereltern, sondern in
dem väterlichen Hause „unter der Vesten“. Erst 1509 kaufte er für
275 Gulden rh. das heute so genannte „Dürerhaus“, am Tiergärtner—
thor in der Zistelgasse“) (jetzt Albrecht-Dürerstraße), aus dem Nachlasse
des Astronomen Bernhard Walther, der darin zuletzt ein Observatorium
eingerichtet hatte. Hierhin nahm er auch seine alte Mutter mit, ohne
daß er indeß das väterliche Haus fahren ließ. Vielmehr erwarb er
dies 1518 dadurch, daß er seinem Bruder Andreas, einem Goldschmied,
seinen Anteil herausbezahlte, völlig für sich. So war er im schulden⸗
freien Besitze zweier ansehnlicher Bürgerhäuser in Nürnberg, woraus
sich die ehemals gern erzählte Fabel von seiner großen Armut wohl
von selbst wiederlegt. Seiner Wittwe hinterließ er bei seinem Tode
ein geradezu stattlich zu nennendes Vermögen, das auf 6858 Gulden
geschätzt wurde.
Dürers Leben verlief seit seiner Wanderschaft längere Zeit äußerlich
einförmig, als das eines fleißigen, unablässig nach Vervollkommnung
strebenden Künstlers. Anfangs freilich konnte er noch keine Ersparnisse
beiseite legen. Der Aufträge für Tafelgemälde, die er noch vorzugs—
weise in Leimfarben auszuführen pflegte, kamen nicht allzuviele, auch gelang
es ihm anfangs darin, wie auch in seinen Bildnissen bei allen Vorzügen
seiner Feinmalerei schwer, eine gewisse Befangenheit in Auffassung und
Malweise zu überwinden. So lag er vorzugsweise dem Kupferstich ob und
zeichnete Blätter für den Holzschnitt, dabei wie natürlich den Neigungen
des Volkes, bei dem er Absatz hoffte, Rechnung tragend. Den herr—
lichsten Stoff gewährten ihm die Bibel und die fromme Legende, denen
er in seinen berühmten Holzschnittfolgen, der „heimlichen Offenbarung
Johannis“ (1498), dem „Marienleben“ (vollständig in der Ausgabe
von 1511), und der damals wenigstens zum größten Teil vollendeten
„großen Passion“ noch ungekannte, wunderbar zarte Reize abgewann.
(Forts. folgt.)
Oder Zisselgasse, vgl. S. 164